Koch: Musikalisches Lexikon

Doppelschlag,

<449> ist eine der gewöhnlichsten Spielmanieren, die bey der <450> Verzierung des Gesanges gebracht werden. Man übt vielerley Gattungen desselben aus, nemlich den einfachen, den geschnellten, den prallenden und den geschleiften Doppelschlag.

Der einfache Doppelschlag, dessen Zeichen [...] ist, bestehet aus vier Noten, von welchen die zweyte und vierte die Hauptnote selbst, die erste und dritte hingegen die zunächst über und unter der Hauptnote liegenden Stufen ausmachen, die alle viere zusammengeschleift werden; als

Notenbeispiel Sp. 450, Nr. 1

Diese Spielmanier wird auf zwey verschiedene Arten gebraucht, und zwar

  1. bey den Anschlage der Hauptnote. In diesem Falle wird das Zeichen [...] gerade über die Hauptnote gesetzt, und die drey ersten Noten werden gleich kurzen Vorschlägen an die Hauptnote, welche den Accent erhält, geschwind geschleift; z.B.
    Notenbeispiel Sp. 450, Nr. 2
    Diesen im Anschlage stehenden Doppelschlag brauchen viele auch mit unter umgekehrt, oder so, daß die erste Hülfsnote die unter dem Haupttone liegende, die dritte aber die über demselben liegende Stufe ausmacht. Man bezeichnet ihn in dieser Form mit dem umgekehrten Zeichen, nemlich mit [...]; z.E.
    Notenbeispiel Sp. 449/450, Nr. 3

    <|> oder er wird gebraucht
  2. nach dem Anschlage der Hauptnote. In diesem Falle wird <|> das Zeichen [...] nach der Note gesetzt, wie bey a Fig.1 [siehe folgendes Notenbeispiel]; viele schreiben auch die Noten, woraus <451> die Figur bestehet, mit kleinen Noten aus, wie bey [Fig. 1] b. Bey diesem der Hauptnote nachfolgenden Doppelschlage wird erst die Hauptnote selbst ihrer Geltung gemäß ausgehalten, und im letzten Moment ihrer Zeitdauer der Doppelschlag angeschleift, <|> und die folgende Note damit verbunden, wie bey [Fig. 1] c; es sey denn, daß das Zeichen über dem Punkte einer Note stehe, wodurch angezeigt wird, daß er auf dem dritten Theile der Note gemacht werden soll, wie bey Fig. 2.
    Notenbeispiel Sp. 451/452, Nr. 1
<|> Auf diese nachschlagende Art kömmt er oft zwischen einem Vorschlage <|> und der Hauptnote desselben vor; z.B.
Notenbeispiel Sp. 451/452, Nr. 2

<|> Oft wird er auch zwischen den Noten gemacht, die weiter als eine Stufe <|> von einander entfernt sind; z.B.
Notenbeispiel Sp. 451/452, Nr. 3
<|> Wenn die Hülfsnote dieser Spielmanier auf Noten fallen, die ein Versetzungszeichen erhalten müssen, <|> pflegen einige Tonsetzer das Versetzungszeichen über das Zeichen des Doppelschlages zu setzen, z.E.
Notenbeispiel Sp. 451/452, Nr. 4

<453> Andere gehen dabey noch pünktlicher zu Werke, und setzen das Versetzungszeichen nur in dem Falle über das Zeichen des Doppelschlages, wenn es die erste Hülfsnote <|> betrifft, wie in den so eben angeführten Beyspielen; betrifft es aber die zweyte Hülfsnote, so setzen sie es unter das Zeichen des Doppelschlages; z.E.

Notenbeispiel Sp. 453/454, Nr. 1

<|> Der geschnellte Doppelschlag, welcher mehrentheils über gestoßene Noten gesetzt wird, unterscheidet sich von dem einfachen bloß dadurch, daß der Note, über welche der einfache Doppelschlag gesetzt ist, noch eine kleine Vorschlagsnote auf der Stufe des Haupttones vorhergehet, die zugleich mit an die Figur angeschleift wird; z.B.

Notenbeispiel Sp. 453, Nr. 2

Die Figur der vier geschwinden Noten wird dadurch die nemliche, wie bey dem einfachen Doppelschlage nach der Hauptnote, nur mit dem Unterschiede, daß die Figur hier auf den Anschlag der Hauptnote fällt.

Der prallende Doppelschlag, dessen Zeichen [...] ist, entstehet, wenn die beyden ersten Noten des einfachen Doppelschlages sehr schnell wiederholt werden, oder wenn mit dem einfachen Doppelschlage ein Pralltriller verbunden wird; z.B.

Notenbeispiel Sp. 453, Nr. 3

Der geschleifte Doppelschlag, den einige auch den Doppelschlag von unten nennen, hat vor dem einfachen noch zwey vorhergehende kurze Noten, von welchen die zweyte auf die Stufe <454> des Haupttones, die erste aber auf die zunächst darunter liegende Stufe fällt, und die beyde mit den Noten des einfachen Doppelschlages in gleicher Geschwindigkeit verbunden werden; z.B.

Notenbeispiel Sp. 454, Nr. 4

Der Gebrauch dieser Spielmanieren ist so vielfältig und verschieden, daß es unmöglich scheint, über die Stellen, wo sie in der Melodie angewendet werden können, etwas Bestimmtes zu sagen. Das Einzige, was daher hier noch bemerkt werden kann, ist Warnung für ihren zu häufigen Gebrauch. Wer glaubt, daß er jeder etwas verweilenden Hauptnote der Melodie einen Schnörkel anhängen müsse, handelt eben so sehr wider den guten Geschmack, als derjenige, der sie ohne Unterschied gerade weg vorträgt. Im ersten Falle wird der Gesang mit Zierathen zu sehr überladen, wird dadurch unverständlich, und fällt ins Kleinliche und im zweyten Falle ist Trockenheit desselben die gewöhnliche Folge. Uebrigens ist noch zu erinnern, daß diese Spielmanieren äußerst rund und prompt ausgeführt werden müssen, und daß es nur demjenigen, der eine Solostimme vorträgt, erlaubt ist, sich ihrer willkührlich zu bedienen. Die Ripienspieler dürfen sich derselben durchaus nicht eher bedienen, als bis sie in ihren Stimmen ausdrücklich angezeigt sind.

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