Peter Anders

Dieser Beitrag ist entstanden als Sendemanuskript
für den Deutschlandfunk, Köln
(Sendung: DATUM - "Historische Aufnahmen")

Vor 75 Jahren, am 1. Juli 1908 wurde Peter Anders, einer der großen deutschen Tenöre der Kriegs- und Nachkriegszeit geboren. Sein Name - und mehr noch seine Stimme - sind nahezu in Vergessenheit geraten, was verständlich ist angesichts der Flut immer neuer, häufig unbekannter Stars, mit denen Schallplattenindustrie und Rundfunkanstalten den Markt überschwemmen. Doch gerade in einer Zeit wie der unsrigen, in der der Kulturbetrieb internationales Flair besitzt und damit den nationalen Schulen - und glücklicherweise auch dem provinziellen Kolorit - den Boden entzogen hat, ist es aufschlußreich, sich einen Gesangsstil ins Gedächtnis zu rufen, den man als "typisch deutsch" bezeichnen möchte, dessen Gestus gefühlvoll ist und nie aufdringlich virtuos wirkt. - Hier nun Peter Anders mit der Arie des Cavaradossi aus dem dritten Akt der Oper Tosca, eine Aufnahme, die auch nach mehr als 40 Jahren nichts von ihrem Reiz verloren hat.

Musik-Nr.: 01
Komponist: Giacomo Puccini
Werk-Titel: Tosca
Auswahl: Arie des Cavaradossi (3. Akt)
"Und es blitzen die Sterne"
<Track __.> 2:25
Interpreten: Peter Anders (Tenor)
Label: Name (LC ____)
Nummer
<Track __.> Gesamt-Zeit: 2:25
Archiv-Nummer: ____
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Peter Anders hat nie das sängerische Idiom des italienischen Belcanto übernommen, wie es manche Kritiker in nostalgischer Verklärung zu hören glauben. Seine Stimme besaß zwar in den hohen Lagen einen angenehm metallisch-strahlenden Kern und war auch in der Mittellage schlank und klangvoll, aber bei allem Schmelz vermißt man doch manchmal die Kraft und Rundung des Tons. Dennoch: es entsteht eigentlich nie der Eindruck, daß Anders an die Grenzen seiner stimmlichen Fähigkeiten stößt; er wußte sängerischen Ausdruck und stimmliche Mittel wohl aufeinander abzustimmen. Aber hören Sie selbst, mit welchem Einfühlungsvermögen er die Arie des Kalaf aus dem ersten Akt der Oper Turandot von Puccini interpretiert.

Musik-Nr.: 02
Komponist: Giacomo Puccini
Werk-Titel: Turandot
Auswahl: Arie des Kalaf (1. Akt)
"O weine nicht, Liu"
<Track __.> 2:45
Interpreten: Peter Anders (Tenor)
Label: Name (LC ____)
Nummer
<Track xx.> Gesamt-Zeit: 2:45
Archiv-Nummer: ____
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Wie viele seiner Sängerkollegen erlernte auch Peter Anders zunächst einen soliden, bürgerlichen Beruf, bevor er die künstlerische Laufbahn einschlug. Nach Beendigung seiner Lehrzeit als Bücherrevisor studierte er an der Berliner Musikhochschule bei Ernst Grenzebach und Lula Mysz-Gmeiner Gesang. 1932 - Anders war damals 24 Jahre alt - debütierte er am Stadttheater von Heidelberg als Jaquino in Beethovens Fidelio. Nach kurzer Arbeitslosigkeit folgten weitere Engagements in Darmstadt, Köln und Hannover - eine Reise, die zwar nicht durch die tiefste musikalische Provinz führte, die den Sänger aber mit der harten Realität des Bühnenlebens vertraut machte. 1938 schließlich verpflichtete ihn der Dirigent Clemens Kraus für München, wo Anders seiner stimmlichen Disposition entsprechend fast ausschließlich als lyrischer Tenor eingesetzt wurde. Schon zwei Jahre später, also 1940 engagierte ihn die Berliner Staatsoper Unter den Linden. Berlin bot dem gerade 32jährigen die einmalige Möglichkeit, von den großen Vorbildern wie Helge Roswaenge, Heinrich Schlusnus und Set Svanholm zu lernen, doch innerhalb kurzer Zeit war Peter Anders selbst zu einem gefragten Sänger avanciert.

Eine seiner erfolgreichsten Partien war die des Tamino aus der "Zauberflöte". Die schwärmerische Stimmung der Bildnisarie etwa interpretiert er mit bewußt verhaltenem Ton und Sensibilität.

Musik-Nr.: 03
Komponist: Wolfgang Amadeus Mozart
Werk-Titel: Zauberflöte
Auswahl: Arie des Tamino (1. Akt)
"Dies Bildnis ist bezaubernd schön"
<Track xx.> 4:10
Interpreten: Peter Anders (Tenor)
Label: Name (LC ____)
Nummer
<Track xx.> Gesamt-Zeit: 4:10
Archiv-Nummer: ____
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1948 siedelte Peter Anders während der Berliner Blockade nach Hamburg über. An der dortigen Staatsoper fand er eine neue Wirkungsstätte und wurde durch zahlreiche Rundfunksendungen auch einem breiteren Publikum bekannt - Peter Anders war gleichsam "die Stimme des Nordwestdeutschen Rundfunks". Für diesen Sender hat er vor allem zahlreiche Operetten aufgenommen; und wenn er auch auf der Bühne selten als Sänger der leichten Muse zu sehen war, so nahm er diese musikalische Gattung doch sehr ernst. Seine Interpretationen wirken nie kitschig, seicht oder sentimental, sondern sie bestechen durch ihre geradezu artifizielle Distanz, durch einen eher spröden Charme, der nichts von der donjuanesken Sinnlichkeit Richard Taubers besitzt.

Musik-Nr.: 04
Komponist: Franz Léhar
Werk-Titel: Das Land des Lächelns
Auswahl: ""Von Apfelblüten einen Kranz" <Track xx.> 3:55
Interpreten: Peter Anders (Tenor)
Label: Name (LC ____)
Nummer
<Track xx.> Gesamt-Zeit: 3:55
Archiv-Nummer: ____
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Bekannt wurde Peter Anders als Opern- und Operettensänger, seine heimliche Liebe aber galt dem deutschen Kunstlied. Er selbst sagte einmal, daß in den wenigen Takten eines Schumann-Liedes häufig mehr an Musikalität liege als in einem hochdramatischen Bühnenwerk Wagnerscher oder Strauss'scher Provenienz. Anders faßte das Lied im wörtlichen Sinne als Kammermusik auf - als intimen Dialog zwischen Sänger und Klavierbegleiter. Die Aufnahmen mit dem Pianisten Michael Raucheisen sind von unvergleichlicher Zartheit und Anmut, unaufdringlich und ohne jedes falsche Pathos, schlicht im Vortrag und präzise in der Deklamation. Selbst ein so abgegriffenes und gefühlsseliges Lied wie das Ständchen von Franz Schubert gewinnt durch die zurückhaltende, geradezu tastende Interpretation neue Qualitäten.

Musik-Nr.: 05
Komponist: Franz Schubert
Werk-Titel: Ständchen
"Leise flehen meine Lieder"
Interpreten: Peter Anders (Tenor);
Michael Raucheisen (Klavier)
Label: Name (LC ____)
Nummer
<Track xx.> Gesamt-Zeit: 3:50
Archiv-Nummer: ____
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Die Karriere von Peter Anders hatte begonnen, als die deutschen Künstler infolge des Nationalsozialismus weitgehend vom Ausland isoliert waren. Ein größeres, internationales Publikum konnte auch Anders erst nach dem Krieg für sich gewinnen. Schon bald nach seiner Übersiedlung nach Hamburg hatte er Gastverpflichtungen in Amsterdam, Den Haag und Brüssel; 1950 folgte eine Einladung zum Edinburgh Festival, in Neapel sang er im darauffolgenden Jahr den Florestan und 1952 stand er in London im Royal Opera House Covent Garden als Walter von Stolzing auf der Bühne.

Anders, der als Tenorbuffo in Heidelberg debütiert hatte und in Berlin als hervorragender lyrischer Tenor geschätzt war, tendierte seit dem Ende der 40er Jahre immer stärker zum heldischen und dramatischen Fach hin. Obwohl die baritonale Grundierung seiner Stimme nur schwach ausgeprägt war und das Timbre sehr hell und obertonreich wirkte, meisterte er den Fachwechsel ohne größere Schwierigkeiten. Der Zuwachs an dramatischer Kraft und Volumen beeinträchtigte den offenen, freundlichen Klang seiner Stimme in keiner Weise. Unvergessen sind sein Florestan und sein Otello, deren dramatischen Gestus Anders mit lyrischen Elementen abzuschattieren wußte.

Auch in Bayreuth begann man sich für diesen Sänger, dem eine zweite Karriere als dramatischer Heldentenor bevorstand, zu interessieren. Es existierten Pläne für Tristan und Lohengrin, aber das Schicksal entschied gegen Peter Anders. Am 10. September 1954 starb Anders, gerade 46 Jahre alt, an den Folgen eines tragischen Autounfalls: sein Wagen hatte sich in einer Kurve überschlagen.

Musik-Nr.: 06
Komponist: Richard Wagner
Werk-Titel: Die Meistersinger von Nürnberg
Auswahl: Preislied des Walther von Stolzing (3. Akt)
"Morgendlich leuchtend"
<Track xx.> 4:15
Interpreten: Peter Anders (Tenor)
Label: Name (LC ____)
Nummer
<Track xx.> Gesamt-Zeit: 4:15
Archiv-Nummer: ____
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