Der "Tannhäuser"-Skandal

Pariser Opernklatsch

Dieser Beitrag ist entstanden als Sendemanuskript
für den Westdeutschen Rundfunk, Köln

Musik-Nr.: 01
Komponist: Richard Wagner
Werk-Titel: Tannhäuser
Auswahl: Ouvertüre - Dresdner Fassung (Anfang) <Track 2.> __:__
Interpreten: Wiener Philharmoniker
Ltg.: Karl Böhm
Label: DGG (LC 0173)
413 551 2
<Track 2.> Gesamt-Zeit: __:__
Technik: ab 03:22
bis __:__
TEXT überblenden (Part. S. 9, T ___)
MUSIK ausblenden (Part. S. ___, T ___)

Hector Berlioz über die Tannhäuser Ouvertüre, die Richard Wagner im Januar 1860 in einem Konzert dirigiert hatte:

Die Ouvertüre zu "Tannhäuser" ist wohl das populärste unter den Orchesterstücken Wagners. Kraft und Größe herrschen hier; aber die eigensinnige Haltung, welche der Komponist in diesem Werke bewahrt, führt - wenigstens bei mir - zu äußerster Ermüdung: vor allem, weil die Melodien über weite Strecken hinweg von einer scheußlich jaulenden Streicherfigur beherrscht werden, die sich mit einer für den Zuhörer erschreckenden Beharrlichkeit wiederholt. Nachdem sie bereits im ersten Teil 24 mal zu Gehör gekommen ist, vernimmt man sie im Schlußteil ganze einhundertundachtzehn (118) mal, so daß diese eigensinnige, oder vielmehr grausam hartnäckige Figur alles in allem einhundertundzweiundvierzig (142) Mal in der Ouvertüre vorkommt. Ist das nicht etwas zu viel? - Da sie auch im Verlauf der Oper noch häufiger wiederkehrt, hege ich den Verdacht, daß der Komponist ihr eine auf die Handlung sich beziehende Bedeutung beigelegt hat, welche mir allerdings nicht einsichtlich ist.

Musik-Nr.: 02
Komponist: Richard Wagner
Werk-Titel: Tannhäuser
Auswahl: Ouvertüre - Dresdner Fassung (Ende) <Track 2.> 3:25
Interpreten: Wiener Philharmoniker
Ltg.: Karl Böhm
Label: DGG (LC 0173)
413 551 2
<Track 2.> Gesamt-Zeit: 3:25
Technik: ab 11:15
bis 14:40
(Part. S. 34, T 5)
(Ouvertüre Ende)

Doch beginnen wir von vorne, mit dem 12. September 1859, als Richard Wagner - von der deutschen Obrigkeit wegen aufrührerischer und revolutionärer Umtriebe steckbrieflich gesucht - sich in Paris niederließ. Wie es sein Haus und Hofbiograph Glassenapp so idyllisch beschreibt:

Ein geräuschloses Winkelchen war alles, was Wagner von der glänzenden Metropole Frankreichs verlangte. Nicht um mit ihrer Kunstöffentlichkeit, ihren Direktoren und Virtuosen in nähere Berührung zu treten, war der Meister hierher gekommen, sondern weil er hoffte, daß diese Stadt ihm abseits von dem lauten Getriebe der Tagesinteressen eine stille Zuflucht zu ungestörter Arbeit bieten konnte.

Seltsam, daß Wagner für seine stille Zuflucht ausgerechnet die laute und hektische Metropole Paris ausgesucht haben soll! Doch selbst, wenn es so gewesen sein sollte - lange währte Wagners Ruhebedürfnis nicht. Bald schon hatte er sich in Paris eingelebt, sich mit den wichtigsten Leuten bekannt gemacht, und nun traf man ihn in den Pariser Salons, wo er lauthals seine Ideen von einer zukünftigen Musik verkündete. Ob die Pariser wirklich verstanden, was dieser Musiker namens Wagner eigentlich wollte? - Jedenfalls wurden durch den Lärm, den Wagner erzeugte, auch die Direktoren der verschiedenen Pariser Opernhäuser auf den deutschen Kompositeur aufmerksam; und Monsieur Carvalho, der Intendant des kleineren "Théâtre lyrique", der schon seit längerem nach einer neuen Zugnummer für sein Haus Ausschau hielt, lud Wagner dazu ein, seinen "Tannhäuser" am Klavier näher zu erläutern. Gasperini, damals Sekretär des Intendanten, schildert diesen Vortrag folgendermaßen:

Der Meister selbst improvisierte am Klavier. Als ich eintrat, verarbeitete er soeben das Finale des zweiten Aktes. Er schrie mehr als daß er sang; er war außer sich; er spielte mit den Händen, den Fäusten und dem Ellbogen; er zertrat das Pedal und zerschlug die Tasten - nach welchem Erlebnis der Direktor verwirrt und entsetzt, aber doch mit aller Höflichkeit seinen Rückzug antrat.

Musik-Nr.: 03
Komponist: Richard Wagner
Werk-Titel: Tannhäuser
Auswahl: 2. Akt
"Dir Göttin der Liebe, soll mein Lied ertönen!"
"Ha, der Verruchte! fliehet ihn!"
"Zurück von ihm, nicht ihr seid seine Richter!"
__:__
Interpreten: xx
Label: Decca (LC 0171)
414 583 2
<Track 8-11.> Gesamt-Zeit: 7:43
Technik: ab CD 2, Tr. 08
bis CD 2, Tr. 11
1:52
4:41
(Part. S. 257, T 8)
(Part. S. 281, T 4)

Nach mehreren vergeblichen Anläufen und längerem Antichambrieren gelang es Wagner dann doch noch , den "Tannhäuser" unterzubringen - nicht am "Théâtre lyrique", sondern an der "Grand opéra", dort, wo sonst Meyerbeer seine Triumphe feierte. Zu verdanken hatte Wagner diese einmalige Gelegenheit einer seiner Verehrerinnen, der Gemahlin des österreichischen Botschafters Fürstin Pauline von Metternich. Der Meister hielt nicht viel von der Fürstin Metternich: Sie sei höchst albern, leicht erregbar und ohne jeden Kunstverstand, meinte er. Aber ihr Vorzug war, daß sie auf gutem Fuß mit dem französischen Kaiser Napoléon III. und seiner Frau Eugénie stand. Und von dieser allerhöchsten Stelle aus erging an die "Grand opéra" die Anweisung, alle Mittel und Kräfte für eine Inszenierung des "Tannhäuser" bereitzustellen.

An Franz Liszt schrieb Wagner im September 1860:

Noch nie ist mir das Material zu einer ausgezeichneten Aufführung so voll und unbedingt zu Gebote gestellt worden als diesmal in Paris an der Großen Oper. Es ist der bisher einzige Triumph meiner Kunst, den ich persönlich erlebe. Ein kaiserlicher Befehl macht mich zum Meister allen Materials und gibt mir Schutz gegen jede Intrige. Der bestmöglichen Sänger bin ich versichert, für jeden Zweig der Ausstattung herrscht ein Eifer und eine Sorgsamkeit, an die ich wenig gewöhnt bin. Das sämtliche Personal geht mit Lust an die Arbeit. Man studiert mit einem Ernst und einer Genauig keit, die mir bisher als unerreichbar gegolten haben. Die Pünktlichkeit und minutiöseste Sorgsamkeit, die auf jedes Detail verwendet wird, habe ich bei einem Institute dieser Art noch nie auch nur annähernd kennengelernt.

Und Wagner probte bis zum Exzeß - ein ganzes Jahr lang. Die Arbeitsprotokolle der Pariser Oper listen allein 164 Ensemble-Proben zum "Tannhäuser"auf, nicht miteingerechnet die unzähligen Stimmproben, die Wagner bei sich zu Hause abhielt.

Musik-Nr.: 04
Komponist: Richard Wagner
Werk-Titel: Tannhäuser
Auswahl: 3. Akt
"O du mein holder Abendstern"
<CD 3, Tr. 6> 3:16
Interpreten: xx
Label: Decca (LC 0171)
414 583 2
<CD 3, Tr. 6.> Gesamt-Zeit: 3:16
Technik: ab CD 3, Tr. 06
bis CD 3, Tr. 06
0:00
3:16
(Part. S. 364, Zeile 2)
(Part. S. 368, Holzbläser T 3)

Die Euphorie über die angeblich so idealen Arbeitsbedingungen sollte nicht lange andauern, da der Direktor der "Grand opéra" zur Bedingung gemacht hatte, daß Wagner in den zweiten Akt seines "Tannhäusers" ein Ballett einzubauen habe. Und von dieser Forderung war die Direktion kaum abzubringen.

Ein Ballett im zweiten Akt galt nämlich als die mindeste Voraussetzung für den Erfolg einer jeden Oper - wenigstens an der "Grand opéra" in Paris. Denn die meisten Logen des Opernhauses waren von den Pariser Salon-Löwen angemietet, den Mitgliedern des sogenannten "Jockey Clubs", über die die Wagner Verehrerin Malvida von Meysenbug schrieb:

Diese jungen Herren pflegten erst nach beendigtem Diner in die Oper zu gehen, nicht um Musik zu hören, sondern um die unnatürlichste und scheußlichste Ausge burt der modernen Kunst, das Ballett zu sehen, nach dessen Beendigung sie sich hinter die Kulissen zu nähe rem Verkehr mit den springenden Nymphen begaben. Was lag diesen lüsternen Jünglingen an der Aufführung eines so keuschen Kunstwerkes, wie es der "Tannhäuser" ist, welches den Sieg der reinen Liebe über den Sinnenrausch feiert?

Über die Geschmacks Diktatur, welche die vornehmen Herren des "Jockey Clubs" an der "Grand Opéra" ausübten, empörte sich auch der Dichter Charles Baudelaire:

Daß diese Herren, die sich den Luxus einer Ballett-Tänzerin als Maitresse leisten können, den Wunsch haben, die Talente und Schönheiten ihres Besitzes so oft als möglich ans Licht gestellt zu sehen, zeugt von einem väterlichen (!) Gefühl, das alle Welt versteht und verzeiht. Daß aber die gleichen Leute sich nicht um die Wünsche des übrigen Publikums kümmern und die Aufführung eines Werkes unmöglich machen, bloß weil es es nicht ihren Beschützerinstinkten dient - das ist unerträglich. Behaltet Euren Harem, aber laßt uns ein Theater, das seines Namens noch würdig ist!

Indes - trotz aller Warnungen, daß ein ballettloser "Tannhäuser" unweigerlich ein Mißerfolg werden würde, ließ Wagner sich nicht beirren: Ein Ballett im zweiten Akt, beim minniglichen Sängerwettstreit auf der Wartburg, war nicht unterzubringen. Allenfalls - und da ließ er mit sich reden - erklärte Wagner sich be reit, ein tänzerisches Bacchanal für den Beginn der Oper zu kom ponieren, für die Lustgrotte der Liebesgöttin. Und so nahmen denn die Proben ihren Fortgang - ohne Ballett im zweiten Akt.

Musik-Nr.: 05
Komponist: Richard Wagner
Werk-Titel: Tannhäuser
Auswahl: 2. Akt
"O Wolfram, der du also sangest"
<CD 2, Tr. 6.> 1:52
Interpreten: xx
Label: Decca (LC 0171)
414 583 2
<CD 2, Tr. 6.> Gesamt-Zeit: 1:52
Technik: ab CD 2, Tr. 06
bis CD 2, Tr. 06
0:00
1:51
(Part. S. *235, T 6)
(Part. S. *242, letzter Akkord)

Mittlerweile war die Kunde von der geplanten Tannhäuser Aufführung in Paris auch nach Deutschland gedrungen, und seit dem Februar 1861 informierte dann die Leipziger Musikzeitschrift "Signale aus der musikalischen Welt" ihre Leser regelmäßig über die Fortschritte des "Tannhäusers":

Wie aus Paris verlautet, will Wagner für seinen "Tannhäuser" nicht die in der Großen Oper üblichen "Claqueure" engagieren. Er soll erklärt haben, er wolle nicht, daß die erste Kundgebung des Beifalls von bezahlten Händen käme. Böse Zungen aber behaupten, Wagner sei nicht zufrieden mit den Leistungen der hiesigen "Claque" und bewahre die Plätze lieber für tüchtigere Leute.

Oder - am 21. Februar:

Die Pariser Tannhäuser Aufführung rückt immer näher. Von der äußeren Ausstattung wird Fabelhaftes berichtet. Allerdings wird es schwer sein, für die ersten drei Aufführungen Billets zu bekommen, da Herr Wagner über fast alle Karten verfügt.

Und eine Woche später:

Die Oper ist in großer Unruhe, wie so oft, wenn ein neues Werk von Bedeutung zur Aufführung kommt. Um die Neugierde des Publikums auf die gehörige Temperatur hinaufzubringen, wird verkündet, daß die Premiere schon am ersten März stattfinden soll. Aber spätestens am Premierentag wird es heißen, sie müsse auf den Vierten verschoben werden, und wenn wir dann den "Tannhäuser" am achten März zu hören bekommen, werden wir uns beglückwünschen dürfen.

Anfang März, nachdem die Bitte Wagners, den "Tannhäuser" selber dirigieren zu dürfen, von der Intendanz abgelehnt worden ist, finden sich dann in den "Signalen für die musikalische Welt" die ersten hämischen Kommentare:

So wird Herr Wagner wenigstens eine Ausrede haben, wenn die Aufführungen unglücklich ausfallen. Aber wir wollen dem Machtspruch der Geschichte nicht vorgreifen und haben uns deshalb die Ohren zugehalten, um ja nichts von all den Gerüchten zu vernehmen, die aus der Generalprobe in die musikalische Welt gedrungen sind. - Der "Tannhäuser" macht soviel Lärm, wie es sich Herr Wagner sich nur wünschen kann. Noch ehe die Oper auf die Bühne gekommen, müssen sich die Pariser Gerichte mit ihr beschäftigen, weil der Komponist den französischen Übersetzern des "Tannhäuser" ihre Rechte streitig macht.

Was es mit den Gerüchten auf sich hatte, von denen der Pariser Korrespondent der "Signale" nichts schreiben will, das schildert uns Hector Berlioz:

Wagner macht Ziegenböcke aus den Sängern. Die letzte Orchesterprobe war scheußlich anzuhören und endete erst um ein Uhr morgens. Jeder, den ich treffe, ist wütend; und selbst der Minister, der ansonsten auf der Seite Wagners steht, kam neulich in höchster Empörung aus der Probe gestürzt. In ganz Paris gilt Wagner inzwischen als Narr.

Musik-Nr.: 06
Komponist: Richard Wagner
Werk-Titel: Tannhäuser
Auswahl: 2. Akt
"Ha, tör'ger Prahler Biterolf!"
<Track __.> __:__
Interpreten: xx
Label: Decca (LC 0171)
414 583 2
<Track xx.> Gesamt-Zeit: 2:00
Technik: ab CD 2, Tr. 07
bis CD 2, Tr. 08
1:08
1:55
(Part. S. 249, T 2)
(Part. S. 257, T 9)

Am 13. März endlich fand dann die lang erwartete Premiere des "Tannhäusers" statt, der auch die schon erwähnte Malvida von Meysenbug beiwohnte:

Die Ouvertüre und der erste Aufzug verliefen ohne Störung. Aber bei der Wandlung der Szene, bei dem hinreißend poetischen Wechsel aus dem wüsten Bacchanal der Venusgrotte in die reine Morgenstille des Thüringer Waldtals, bei den Klängen der Schalmei und des Hirtenliedes, brach plötzlich der lang vorbereitete Angriff aus, und ein gewaltiges Pfeifen und Lärmen unterbrach die Musik. Die Herren des Jockey-Clubs betrieben ihre boshaften Störungen wegen des fehlenden Balletts nicht einmal im Verborgenen, sondern saßen, recht geflissentlich sichtbar, in ihren mit Glacéhandschuhen bedeckten Händen die kleine Trillerpfeife haltend. So ging es die ganze Aufführung weiter. Die Sänger benahmen sich dabei wirklich heldenmütig. Oft mußten sie 15 Minuten lang und noch länger anhalten, um den Sturm, der im Publikum tobte, vorüberzulassen. Aber sie standen ruhig, sahen unerschütterlich in das Publikum hinein, und als es wieder stille ward, nahmen sie ihren Gesang wieder auf und führten die Vorstellung zu Ende. Aber freilich - das Werk war so grausam zerstört und zerstückelt, daß auch dem Wohlwollendsten nicht die Möglichkeit geworden war, sich eine richtige Vorstellung des Ganzen zu bilden.

Soweit Malvida von Meysenbug. Selbst die französischen Zeitungen, die dem "Tannhäuser" nicht gerade wohlwollend gegenüber standen, fanden das Benehmen des Publikums unangebracht - allerdings aus anderen Gründen:

Wir hätten gerne gewünscht, daß das Publikum mit mehr Würde und Anstand zu Werke gegangen wäre, aber es darf nicht vergessen werden, daß es auch zu der Strategie der Wagner-Gemeinde gehört, durch ihr Auftreten Lärm zu verursachen und Skandal herbeizuführen. So sehr die Herren auch über die Kabalen ihrer Gegner klagen mögen, so sind sie doch innerlich froh, daß der "Tannhäuser" nicht, wie es der Gerechtigkeit halber hätte geschehen müssen, mit Ruhe und Gleichmut abgewiesen wurde, sondern unter Pauken und Trompeten ins Grab fuhr. So ist das Pariser Begräbnis des "Tannhäuser" trotz alledem ein ganz splendides und glänzendes gewesen, denn es hat die Intendanz nicht weniger als 300.000 Francs gekostet, und die Plätze sind mit ganz enormen Preisen bezahlt worden.

Und die französischen Kritiker? - Sie ließen am "Tannhäuser" kein gutes Haar. War es wirklich eine von Meyerbeer und dem sogenannten internationalen Judentum angestiftete Intrige, wie es die Wagner-Anhänger so gerne behaupteten? oder war es bloß Unverständnis gegenüber Wagners weitschweifiger Musiksprache? Die Kritik des "Constitutionel" mag stellvertretend für viele andere stehen:

Als Tannhäuser, der das ganze Bacchanal über geschlafen hat, aufwacht, kommt Venus auf den unglücklichen Gedanken, ihn zu fragen: "Woran denkst Du?" - O weh! Diese ganz gewöhnliche Frage hat eine Erklärung von einhundertvierundachzig (184) Versen zur Folge. Das ist keine Szene mehr, geschweige denn ein Duett oder eine Arie - das ist ein Dialog von endloser Länge, wo bei wir die traurige Gewohnheit Wagners bemerken, jedes Wort, jede Silbe seiner Reden mit einer Violin-, Kontrabaß- oder Blechfigur zu unterstreichen. Er verliert sich in Details und vergißt das Ganze - mit dem Resultat, daß die Zuhörer durch eine nicht zu bewältigende Langeweile ermüden. - Wie gerne hätten wir applaudiert, wenn wir nur öfters Veranlassung dazu gehabt hätten.

Musik-Nr.: 07
Komponist: Richard Wagner
Werk-Titel: Tannhäuser
Auswahl: 1. Akt
"Geliebter, sag', wo weilt dein Sinn?"
"Dir töne Lob! Die Wunder sei'n gepriesen"
<Track __.> 6:50
Interpreten: xx
Label: Decca (LC 0171)
414 583 2
<Track xx.> Gesamt-Zeit: 6:50
Technik: ab CD 1, Tr. 02
bis CD 1, Tr. 03
0:25
1:45
(Part. S. *87, T 7)
(Part. S. *98, T 3)

Auf Unverständnis stießen bei dem Pariser Publikum auch inhaltliche Details wie etwa, daß der bloße Klang einer Kirchenglocke es vermocht haben soll, Tannhäuser aus den Armen der Liebesgöttin zu reißen. Einige Spötter im Zuschauerraum meinten sogar, Venus habe für ihre Zärtlichkeiten mehr Dankbarkeit verdient. Und der Kritiker des "France musicale" war der Ansicht:

Der Text hat der Oper entschieden geschadet, und der Compositeur Wagner hat allen Grund, dem Dichter Wagner herbe Vorwürfe zu machen. Im "Tannhäuser" geht nichts vor, was den Zuschauer für die Helden oder für die Handlung einnehmen könnte. - Und die Musik trägt nichts dazu bei, für das Undramatische des Textbuches zu entschädigen. Und so kann der Dichter Wagner dem Compositeur Wagner noch größere Vorwürfe machen.

Drei Aufführungen lang währte die Schlacht um den "Tannhäuser". Die Oper war Tagesgespräch in Paris, und jeder, der auf sich hielt, bemühte sich mittlerweile, eine der raren Eintrittskarten zu ergattern. Der berüchtigte "Jockey Club", der den Skandal wegen der fehlenden Ballett Einlagen initiiert hatte, ließ schon silberne Trillerpfeifchen verteilen mit der Inschrift: "Pour Tannhauser" - "Für Tannhäuser". Doch nach der dritten Vorstellung zog Wagner seine Oper zurück und verbot vorerst jede weitere Aufführung in Paris - sehr zum Leidwesen des Intendanten, der sich aus dem Skandal ein glänzendes Geschäft versprochen hatte.

Die Dekoration und die Kostüme des "Tannhäusers" führte man noch vor Wagners Abreise aus Paris einer neuen Verwendung zu, in dem man sie in Meyerbeers neuer Oper "Die Afrikanerin" einsetzte. Und das "Journal des Débats" schickte Wagner den Gruß hinterher:

Wir überlassen Wagner gerne seinem musikalisch reformerischen Wirken. In Paris jedenfalls werden wir vor ihm für einige Zeit Ruhe haben.

Nur Baudelaire, der erste bedeutende französische Wagnerianer, wußte es schon damals besser:

Die Leute, die glauben, daß nun mit Wagner aufgeräumt sei, haben sich viel zu früh gefreut - das können wir versichern. Ich möchte ihnen dringend nahelegen, ihren Triumph, der nicht zu den ehrenvollsten gehört, weniger laut zu feiern und für die Zukunft sich sogar mit Resignation wappnen. Sie ahnen nicht, welche Geduld und Beharrlichkeit die Vorhersehung von jeher jenen zugeteilt hat, denen sie eine Aufgabe übertrug.

Musik-Nr.: 08
Komponist: Richard Wagner
Werk-Titel: Tannhäuser
Auswahl: Finale 3. Akt.
"Willkommen, ungetreuer Mann!"
<CD 3, Tr. 10.> 6:53
Interpreten: xx
Label: Decca (LC 0171)
414 583 2
<CD 3, Tr. 10.> Gesamt-Zeit: 6:53
Technik: ab CD 3, Tr. 10
bis CD 3, Tr. 10
0:00
6:53
(Part. S. 400, T 2)
(Part. S. *419)
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