Koch: Musikalisches Lexikon

Fortepiano,

<590> ist das bekannte Lieblingsinstrument der jetzigen Clavierspielenden Welt, welches im Jahre 1717 von Christoph Gottlieb Schröter, einem Kreuzschüler in Dresden, der in der Folge die Organistenstelle in der Hauptkirche zu Nordhausen bekleidete, erfunden <591> worden ist.1 Der Erfinder, der sich damals mit dem Unterrichte auf dem Claviere beschäftigte, fand, daß seine Schüler in Ansehung des Vortrages viel verloren, sobald sie sich, wenn sie in größern Zirkeln spielten, eines Flügels bedienen mußten, auf welchem, wie bekannt, keine Modifikationen der Stärke und Schwäche des Tones hervorgebracht werden können. Dieser Umstand erregte in ihm den Wunsch nach einem Claviatur-Instrumente von starkem Tone, auf welchem der Spieler die Modifikationen der Stärke und Schwäche desselben, so wie bey dem Claviere, in seiner Gewalt habe, und veranlaßte ihn, die Idee zu schöpfen, dem rauschenden Flügel durch ein ? und abfallendes Hammerwerk diese Eigenschaft zu ertheilen. Er ließ ein doppeltes Modell nach seiner Idee zu verfertigen, welches er dem damaligen Königl. Hofe zu Dresden vorlegte, denn Mangel an eigenem Vermögen hielt ihn ab, ein Instrument nach dieser Erfindung bauen zu lassen. - Einige Zeit nachher gingen aus Gottfried Silbermanns Händen Instrumente dieser Art, unter dem Namen Fortepiano, in merklicher Vollkommenheit hervor. Noch blieb dem Spieler des Instrumentes der Wunsch eines leichtern Traktementes der Tastatur, und mit ihm wünschte der Kenner weniger Stumpfheit der höhern Töne desselben. Verschiedenen Mechanikern gelang zwar in der Folge bald diese, bald jene Verbesserung, aber nur dem Orgelbauer Johann Andreas Stein zu Augsburg war es vorbehalten, im letzten Viertel des verwichenen Jahrhundertes diesem Instrumente einen Grad der Vollkommenheit zu geben, der wenig mehr zu wünschen übrig lässt, als daß er von vielen Mechanikern vollkommen erreicht werden möge.

Das Fortepiano, oft auch Pianoforte genannt, macht unter den Clavierinstrumenten eine besondere Art aus, die sich von den übrigen Arten dadurch unterscheidet, daß der Ton durch abfallende Hämmer hervorgebracht wird, die durch Hebel gehoben, und an die Saiten geschnellt werden, und wodurch das Instrument den Vortheil gewinnt, daß der Spieler die verschiedenen Grade der Stärke und Schwäche des Tones in seiner Gewalt hat, und daß der Ton, vermittelst angebrachter Dämpfer, die auf die Saiten fallen, sobald der Finger von den Tasten aufgehoben wird, ohne Nachklang verschwindet.

Die eigentliche Form des Fortepiano ist die des Flügels, daher es auch oft ein Flügel genannt wird. Man hat aber auch die Erfindung, den Ton durch Hämmer hervorzubringen, bey Clavierinstrumenten von der Form des Clavichords angebracht, [FN: Siehe Fortbien.] denen man ebenfalls den Namen Fortepiano giebt, die aber wegen ihres schwächern Tones weder zum öffentlichen Vortrage eines Concertes, noch zur Begleitung des Generalbasses bey vollstimmigen Musiken, sondern bloß zum Privatgebrauche geeignet sind.

Noch ist zu erinnern, daß im Jahre 1778 der Graf Brühl dieses Instrument durch blau angelaufene Saiten, und Bothe zu Berlin 1793 durch einen doppelten Resonanzboden, und durch einfachern Mechanismus der Dämpfer und Hämmer, zu vervollkommnen, gesucht haben. <593< Bey dem gewöhnlichen Fortepiano schlagen die Hämmer von unten hinauf an die Saiten; man hat aber auch das andere von Schröder erfundene Modell benutzt, und Instrumente verfertigt, bey welchen die Hämmer von oben herab an die Saiten schlagen, und die man insbesondere Pantalons nennet.

Eine weitläuftige Beschreibung von der Einrichtung des von Schröter erfundenen Mechanismus des Hammerwerks findet man in dem 140sten und in dem folgenden der kritischen Briefe über die Tonkunst. Die neuern Instrumentenmacher sind aber von diesem Mechanismus, der mehr vervollkommnet worden ist, abgewichen.
Fußnoten:

Fußnote 1 (Sp. 585/586):

Es scheint zwar nicht völlig entschieden zu seyn, ob Schröter, oder der Instrumentenmacher Bartolomeo Cristofali zu Florenz, zuerst die Idee gefaßt habe, die Saiten eines Claviatur-Instrumentes durch Hämmer zum Klange zu bringen, um dadurch die dem Flügel mangelnden Modifikationen der Stärke und Schwäche des Tones zum Vorscheine zu bringen, weil Cristofali ebenfalls ein solches von dem Marchese Scipio Maffei beschriebenes Instrument, in der ersten Hälfte des verwichenen Jahrhundertes, verfertigt hat. Aus demjenigen aber, was Schröter, als ein Mann von bekannter Bescheidenheit, über seine Erfindung im dritten Bande der Mizlerschen musikalischen Bibliothek, S. 474, und in dem 139 und 140sten der kritischen Briefe über die Tonkunst, sagt, kann man sich allerdings für berechtigt halten, ihn als den Erfinder des von Silbermann verbesserten Fortepiano anzuerkennen.

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