<1388> Die Bearbeitung eines Tonstückes für den Gesang, setzt nicht allein alle die Eigenschaften und Kenntnisse des Tonsetzers voraus, die zur Bearbeitung der Tonstücke für die Instrumentalmusik nöthig sind, und wovon schon in dem Artikel Komposition geredet worden ist, sondern es gehört dazu noch insbesondere eine vollkommene Kenntniß der Sprache, in welcher der Text gedichtet ist, nebst einer hinlänglichen Kenntniß der Prosodie derselben. Ueberdies muß der Tonsetzer, welcher Kunstprodukte für den Gesang bearbeitet, Kenntnisse der Deklamation besitzen; er muß, wenn er auch nicht selbst Sänger im eigentlichen Sinne ist, dennoch alle zur Ausübung des guten Gesanges nothwendige Kenntnisse sich erworben haben. Er muß im Stande seyn, jeden Zug der Gemüthsbewegungen zu entdecken, und mit Leichtigkeit <1389> aufzufassen, der in seinem zu bearbeitenden Texte enthalten ist, damit er fähig werde, denselben in seinem Kunstprodukte auszudrücken. Sein Herz muß daher allen leidenschaftlichen Eindrücken offen stehen, und sich für dieselben interessiren können, denn er hat es bey Tonstücken für den Gesang nicht mit willkührlichen Ausflüssen einer schöpferischen Fantasie, sondern mit dem Ausdrucke der im Texte enthaltenen Modifikationen der auszudrückenden Empfindung zu thun.
Man giebt überdies bey dem Singesatze noch folgende Regeln:
Von den besondern Arten und Gattungen der Sätze, welche im Singesatze bearbeitet werden, und die man in dem Artikel Singstück angezeigt findet, wird in besondern Artikeln gehandelt.
Von der Singkomposition insbesondere handeln: Marpurg in seiner Anleitung zur Singkomposition. Berlin 1758. in 4. - Die kritischen Briefe über die Tonkunst, und zwar vom 59sten bis 75sten Briefe, von dem Vocalsatze überhaupt, und vom 97sten bis 117ten Briefe von dem Recitative insbesondere. - Abhandlung über das Recitativ von Johann Adolph Scheibe, in der Bibliothek der schönen Wissenschaften, im 11ten und 12ten Bande. - Rellstabs Versuch über die Vereinigung der musikalischen und oratorischen Deklamation. Berlin 1786.