Kullak: Ästhetik des Klavierspiels - Kap. 3

S. 112 - Texterweiterung der 8. Auflage (1920)

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[Die Seitenzählung entspricht der 8. Auflage.]

<*112> Der gesangliche Theil muss klar und deutlich betont werden und sich vom Uebrigen sanft abheben. - Bei Gesangsführung der rechten Hand muss die linke in der Regel ihr untergeordnet sein. - Die Melodienoten dürfen nie lange nach denen der <*113> Begleitung angeschlagen werden. - Die Gesangsnoten müssen (bei substituirendem Fingersatze) bis zur völlig absoluten Geltung ausgehalten werden. - Die dynamischen Schattierungen im ganzen und einzelnen sind sorgfältig zu respektiren. Alle mit [Accent] bezeichneten Noten sind um so kräftiger anzuschlagen, je länger ihre Geltung ist, die mit [Portato] bezeichneten wie die Töne einer Menschenstimme getragen, die ersteren etwas gewichtiger zu geben. - Der einzelne oder kombinierte Gebrauch der Pedale ist unerlässlich und mit Geschmack und Ueberlegung vorzunehmen; er hat oft erst nach dem Anschlag der langdauernden Gesangsnote einzutreten. Ungleichartige Harmonien dürfen nicht mit Pedal gespielt werden. - Bei der Wahl des Tempos denke man immer daran, sich nicht zu übereilen, was ein Hauptfehler ist. - Körper, Arme und Hände sollen beim Spiel ruhig gehalten werden. Die Schüler sollen die Tasten nicht von oben herab anschlagen und Selbstkritik üben, mehr mit dem Geiste als mit den Fingern spielen.

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