Quantz: Anweisung- Kap. 17

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<247> §. 16. [...] <248> Weder das Alter noch die Jugend der Mitglieder macht ein Orchester gut: sondern die gute Zucht und Ordnung, in welcher sie sich befinden. Es kann ein alter Ripienist, wenn er anders noch gute Kräfte hat, und unter einer guten Anführung erzogen worden ist, bessere Dienste leisten, als mancher junger, welcher vielleicht mehr Vermögen Schwierigkeiten auszuführen, aber weniger Erfahrung besitzet; und dabey nicht folgsam ist, sich der gehörigen Subordination zu unterwerfen. [...]

§. 17. Zur Beförderung des übereinstimmenden Vortrags dienet noch eine Regel, die einem jeden, der ein guter Musikus, und ins besondere ein geschikter Accompagnist werden will, anzupreisen ist: Es muß sich, so lange als er ein musikalisches Stück auszuführen hat, der Verstellungskunst befleißigen. Diese Verstellungskunst ist nicht nur erlaubt, sondern so gar höchstnöthig, und thut in der Sittenlehre keinen Schaden. Wer sich bemühet, im ganzen Leben, seiner Leidenschaften, so viel als möglich ist, Meister zu seyn; dem wird es auch nicht schwer fallen, sich wenn er spielen soll, allezeit in den Affect, welchen das auszuführende Stück verlanget, zu setzen. Alsdenn wird er erst recht gut, und gleichsam allezeit aus der Seele spielen. Denn wer diese löbliche Verstellungskunst nicht versteht, der ist noch kein wahrer Musikus; sondern nicht besser als ein gemeiner Handwerker: wenn er auch alle Contrapuncte aus dem Grunde verstünde; oder auf seinem Instrumente alle möglichen Schwierigkeiten zu <249> spielen wüßte. [...]

§. 18. [...]

§. 19. Die genaue Ausdrückung des Forte und Piano [...], ist eines der nöthigsten Stücke in der Ausführung. Die Abwechselung des Piano und Forte ist eines der bequemsten Mittel, nicht nur die Leidenschaften deutlich vorzustellen; sondern auch Licht und Schatten in der Musik zu unterhalten. [...]

<250> §. 20. Das Forte und Piano muß niemals aufs äußerste getrieben werden. Man muß die Instrumente nicht stärker angreifen, als es ihre Natur leidet: denn dieses würde, zumal an einem kleinen Orte, wo die Zuhörer nahe stehen, dem Gehöre sehr unangenehm fallen. Man muß vielmehr allezeit noch den Vortheil übrig zu behalten suchen, noch ein Fortissimo oder Pianissimo, wenn es nöthig wäre, ausdrücken zu können. [...]

[...]

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