Quantz: Anweisung- Kap. 17

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<261> §. 47. Das Mittel welches ich zur Richtschnur des Zeitmaaßes am dienlichsten befinde, ist um so viel bequemer, ie weniger Mühe es kostet, desselben habhaft zu werden; weil es ein jeder immer bey sich hat. Es ist der Pulsschlag an der Hand eines gesunden Menschen. [...]

§. 48. [...]

<262> §. 49. Ehe ich etwas weiter gehe, muß ich vorher diese unterschiedenen Arten des Zeitmaaßes etwas genauer untersuchen. Es giebt zwar derselben in der Musik so vielerley, daß es nicht möglich seyn würde, sie alle zu bestimmen. Es giebt aber auch gewisse Hauptarten davon, woraus die übrigen hergeleitet werden können. Ich will solche, so wie sie in Concerten, Trio und Solo vorkommen, in vier Classen eintheilen, und zum Grunde setzen. Sie sind aus den gemeinen geraden oder Vierviertheiltacte genommen, und sind folgende:

  1. das Allegro assai,
  2. das Allegretto,
  3. das Adagio cantabile,
  4. das Adagio assai.

Zu der ersten Classe rechne ich: das Allegro di molto, das Presto u.s.w. Zu der zweyten: das Allegro ma non tanto, non troppo, non presto, moderato. u.s.w. Der dritten Classe zähle ich zu: das Cantabile, Arioso, Larghetto, Soave, Dolce, Poco andante, Affettuoso, Pomposo, Maestoso, alla Siciliana, Adagio spiritoso, u.d.g. Zur vierten gehören :Adagio pesante, Lento, Largo assai, Mesto, Grave, u.s.w. Diese Beywörter machen zwar unter sich selbst wieder jedes einigen unterschied; doch geht derselbe mehr auf den Ausdruck der Leidenschaften, die in einem Stücke vornehmlich herrschen, als auf das Zeitmaaß selbst. [...]

§. 50. Das Allegro assai ist also, von diesen vier Hauptarten des Tempo, das geschwindeste [...] Das Allegretto ist noch einmal so langsam als jenes. Das Adagio cantabile ist noch einmal so langsam als das Allegretto; und das Adagio assai noch einmal so langsam als das Adagio cantabile <263> [...] Im Allabrevetacte, welchen die Welschen: Tempo maggiore nennen, und welcher, es sey das Zeitmaaß langsam oder geschwinde, allezeit mit einem durchgestrichenen großen C angedeutet wird, hat es gleiche Bewandtniß: nur daß alle Noten in demselben noch einmal so geschwind genommen werden, als im gemeinen geraden Tacte: Das Tempo mag langsam oder geschwind seyn. [...] Wie nun das Allegro im geraden Tacte zwo Hauptarten des Tempo hat, nämlich ein geschwindes und ein gemäßigtes: so ist es auch auf gleiche Art mit dem Tripeltacte als: Dreyviertheil= Dreyachttheil= Sechsachttheil= Zwölfachttheiltacte, u.s.w. beschaffen. Z.E. Wenn im Dreyviertheiltacte nur Achttheile, im Dreyachttheiltacte nur Sechzehntheile, oder im Sechsachttheil= oder Zwölfachttheiltacte nur Achttheile vorkommen; so ist solches das geschwindeste Tempo, Sind aber im Dreyviertheiltacte Sechzehntheile, oder eingeschwänzte Triolen; hingegen im Sechsachttheil= oder Zwölfachttheiltacte Sechzehntheile zu befinden: so ist solches das gemäßigte Tempo, welches noch einmal so langsam gespielet werden muß, als das vorige. Mit dem Adagio hat es, wenn man nur, die zu Anfang dieses §. angedeuteten Grade der Langsamkeit beobachtet, und auf die Tactart, ob es Allabreve= oder gemeiner Tact ist, Acht hat, in diesem Stücke weiter keine andere Schwierigkeit.

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