Quantz: Anweisung - Kap. 18

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<294> §. 30. Die Concerten haben ihren Ursprung von den Italiänern. Torelli soll die ersten gemacht haben. Ein Concerto grosso besteht aus einer Vermischung verschiedener concertirender Instrumente, allwo immer zwey oder mehrere Instrumente, deren Anzahl sich zuweilen wohl auf acht und noch drüber erstrecket, mit einander concertiren. Bey einem Kammerconcert hingegen befindet sich nur ein einziges concertirendes Instrument.

§. 31. Die Eigenschaften eines Concerto grosso erfodern, in einem jeden Satz desselben:

  1. ein prächtiges Ritornell zum Anfange, welches mehr harmonisch als melodisch, mehr ernsthaft als scherzhaft, und mit Unison vermischet sey;
  2. eine geschikte Vermischung der Nachahmungen in den concertirenden Stimmen; so daß das Ohr bald durch diese, bald durch jene Instrumente, unvermuthet überraschet werde.
  3. Diese Nachahmungen müssen aus kurzen und gefälligen Gedanken bestehen.
  4. Das Brillante muß mit dem Schmeichelnden immer abwechseln.
  5. Die mittelsten <295> Tuttisätze müssen kurz gefasset seyn.
  6. Die Abwechselungen der concertirenden Instrumente müssen dergestalt eingetheilet seyn, daß nicht eines zu viel, und das andere zu wenig gehöret werde.
  7. Dann und wann muß nach einem Trio, ein kurzes Solo, von einem und dem andern Instrumente, eingeflochten werden.
  8. Vor dem Schlusse müssen die Instrumente eine kurze Wiederholung dessen, so sie Anfangs gehabt haben, machen, und das letzte Tutti muß
  9. mit dem erhabensten und prächtigsten Gedanken aus dem ersten Ritornell, sich endigen.

Ein solches Concert erfodert ein zahlreiches Accompagnement, einen großen Ort, eine ernsthafte Ausführung, und eine mäßige Geschwindigkeit.

§. 32. Der Concerte mit einem concertirenden Instrumente, oder der sogenannten Kammerconcerte, giebt es gleichfalls zwo Gattungen. Einige verlangen, so wie das Concerto grosso, ein starkes, die andern aber ein schwaches Accompagnement. Wird solches nicht beobachtet, so thut weder eins noch das andere seine gehörige Wirkung. Aus dem ersten Ritornell kann man abnehmen, von was für einer Gattung das Concert sey. Alles was ernsthaft, prächtig, und mehr harmonisch als melodisch gesetzet, auch mit vielem Unison untermischet ist; wobey die Harmonie sich nicht zu Achttheilen oder Viertheilen, sondern zu halben oder ganzen Tacten verändert; dessen Accompagnement muß stark besetzet werden. Was aber aus einer flüchtigen, scherzhaften, lustigen oder singenden Melodie besteht, und geschwinde Veränderungen der Harmonie machet; thut mit einem schwach besetzeten Accompagnement bessere Wirkung, als mit einem starken.

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