Riemann: Klavierschule op. 39,1

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Kap. 12 [Seite 7 von 10]

Eins ist vor allein zu erwägen: ob der Vorschlagston melodisch bedeutsam ist oder nicht.

So sind die Vorschläge im 5.-6. Takte der ersten Claviersonate Beethovens

Notenbeispiel S. 69, Nr. 2

ja nicht zu leicht zu geben, denn sie sind die knappsten Rekapitulationen der ersten Hälften der beiden vorausgehenden Phrasen: <70>

Notenbeispiel S. 70, Nr. 1

und sind als allerdings kurze -aber darum nicht minder bedeutsame Melodienoten zu behandeln:

Notenbeispiel S. 70, Nr. 2

Das von Beethoven geforderte Sforzato fällt beiden Noten zu, der Vorschlagsnote und der Hauptnote, letztere erscheint dem Vorschlage gegenüber melodisch gesteigert, also noch stärker oder doch in Rücksicht, dass der rhythmische Accent der Vorschlagsnote zugefallen ist, eben so stark. Sie kann nicht als eigentliche Sforzato-Note hervortreten, vielmehr erscheint das Sforzato zuerst auf der Vorschlagsnote und wird von dieser der Hauptnote zugeworfen. Die gleichen Gesichtspunkte sind massgebend für den Vortrag des gleich darauf folgenden Arpeggio:

Notenbeispiel S. 70, Nr. 3

Der umgekehrte Doppelschlag des 8. Taktes ist dagegen ziemlich leicht anzusetzen:

Notenbeispiel S. 70, Nr. 4

Im letzten Satze derselben Sonate ist zu spielen:

Notenbeispiel S. 70, Nr. 5

In allen solchen Fällen, wo der Vorschlag einen thematischen Melodieschritt in verkürzten Notenwerthen wiederholt, ist ihm Gewicht beizulegen, doch ist er auch nicht stärker anzuschlagen, als wenn der Schritt ohne Veränderung des Rhythmus aufträte.

<71> Auch wo er als Wechselnote auftritt, wie in der Sonate op. 2 No. 3: [FN: Hier ist der Vorschlag sogar Wechselnote einer vorbereiteten Dissonanz, die selbst starke Tongebung verlangt.]

Notenbeispiel S. 71, Nr. 1

muss er ziemlich stark angegeben werden, wenn er nicht völlig wirkungslos verklingen soll.

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