Chr.Fr.D. Schubart: Ästhetik der Tonkunst

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[Mizler, Lorenz Christoph]

<105> Lorenz Christoph Mizler von Kolof. M. Ph. Dr. der Arzeney Gel. Hofrath, Leibmedicus und Historiograph zu Warschau hielt sich mehrentheils in Warschau auf, spielte das Clavier sehr gut, und ist einer der beriihmtesten deutschen musikalischen Schriftsteller. Seine musikalische Bibliothek war das erste deutsche Journal. Es ist in einem guten Tone und mit vieler Einsicht verfaßt. Mizler hatte die musikalische Geschichte gründlich studiert; nur ist seine Theoriewuth unerträglich. Er glaubte z.B. die mathematische Berechnung eines Stücks sey das Wesen der Tonkunst: dadurch wurden seine eignen Compositionen steif und geschmacklos, und schon bey seinen Lebzeiten zu Warschau, Leipzig und Dresden ausgepfiffen. Inzwischen gebühret Mizlern immer der Dank der Nachwelt, daß er so viel rühmlichen Fleiß auf die Theorie der Musik verwandte. Man kann noch heute sehr viel aus seinen Schriften lernen, wenn man Geduld genug hat, sich durch seine Spitzfindigkeiten hindurch zu arbeiten.

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