Türk: Klavierschule

Anhang

zurück | weiter

4. Abschnitt. Von verschiedenen Tanz= und anderen kleinen Tonstücken. [§. 44-53]

<399> §. 44. Die Allemande, steht im Viervierteltakte, fängt im Auftakte an, wird ernsthaft vorgetragen, und nicht zu geschwind gespielt. Sie kommt oft in Suiten und Partien vor. Die Benennung soll sich von den Allemanen, einem alten deutschen (dem schwäbischen) Volke, herschreiben.

Eine zweyte Gattung wird als Tanzstück gebraucht. Diese steht im Zweyvierteltakte, und hat einen muntern Charakter, daher erfordert sie, außer der geschwinden Bewegung, einen leichten Vortrag.

Die Angloisen (englischen Tänze, Contertänze, Country-dances,) sind größtentheils von sehr lebhaftem Charakter, welcher oft bis an das mäßig Komische gränzt. Sie stehen im Zweyviertel- oder Drey- auch wohl im Sechsachteltakte, und werden sehr munter, beynahe hüpfend vorgetragen. Die erste Note eines jeden Taktes wird stark accentuirt. Die Bewegung ist zwar geschwind, doch nicht immer im gleichen Grade.

<400> §. 45. Die Ballette bestehen eigentlich aus einer Reihe zusammenhängender Tonstücke zu einer ganzen Handlung auf der Bühne. In der engern Bedeutung versteht man unter Ballet einen einzelnen Tanz im Vier- oder Zweyvierteltakte von ziemlich geschwinder Bewegung.

Die Bourree wird im Zweyzweytel- oder Viervierteltakte geschrieben, und fängt mit einem Viertel im Auftakte an. Ihr Charakter ist etwas munter, daher muß sie mäßig geschwind gespielt und ziemlich leicht vorgetragen werden.

§. 46. Die Canarien stehen entweder im Drey- oder im Sechsachteltakte. Sie erfordern eine fast noch geschwindere Bewegung, als die Giquen. Die punktirten Noten werden stark accentuirt, übrigens aber kurz abgestoßen. Diese Tonstücke sollen auf den canarischen Inseln entstanden seyn.

Die Ciaconne (Chaconne, Ciaccona) ist ein Tonstück von mäßig geschwinder Bewegung im Dreyvierteltakte. Jede erste Note eines Taktes wird ziemlich stark markirt. Die Komponisten pflegen die zum Grunde liegende Melodie dieses Tanzstückes oft, aber immer etwas verändert, zu wiederholen.

Die Courante (Corrente) steht im Dreyzweytel- (oder Dreyviertel-)Takte, und fängt gemeiniglich mit einer kurzen Note im Auftakte an. Sie wurde wenigstens ehedem als Tanzstück gebraucht, und war aus vielen laufenden Figuren zusammengesetzt. Ihr Vortrag muß ernsthaft, doch beynahe mehr gestoßen als geschleift seyn. Die Bewegung ist nicht sehr geschwind.

§. 47. Die Entree, ein marschartiges einzelnes Tonstück, gewöhnlich im Viervierteltakte, erfordert, ihrem ernsthaften Charakter gemäß, eine ziemlich langsame Bewegung und einen kräftigen Vortrag.

Folie d'Espagne ist ein sehr einfacher spanischer Tanz im Dreyvierteltakte, von ernsthaftem Charakter. Hiervon kann man auf die erforderliche Bewegung und auf den Vortrag schließen.

Forlane heißt ein Tanz im Sechsviertel- oder gewöhnlicher im Sechsachteltakte, welcher zu Venedig bey dem gemeinen Manne sehr üblich ist. Die ziemlich geschwinde Bewegung dieses Tanzes erfordert einen etwas leichten Vortrag.

Die Furie wird sehr geschwind gespielt, und dabey feurig und scharf accentuirt vorgetragen. Ihre Taktarten sind ganzer oder Dreyvierteltakt.

§. 48. Die Gaillarde (Gagliarda) hat einen fast ausgelassen lustigen Charakter; daher muß die Bewegung dieses, gewöhnlich in einem Tripeltakte gesetzten, Tonstückes sehr lebhaft genommen werden.

<401> Die Gavotte erfordert eine mäßig geschwinde Bewegung im Allabreve. Sie fängt zwey Viertel im Auftakte an, und hat einen angenehmen, ziemlich muntern Charakter. Hieraus läßt sich der Vortrag leicht bestimmen.

Die Gique (Giga, Gique) wird etwas kurz und leicht vorgetragen. Ihr Charakter ist größtentheils Fröhlichkeit, folglich muß die Bewegung geschwind seyn. Die Taktarten sind Sechs- oder Zwölf- auch wohl Dreyachtel.

§. 49. Die Loure wird langsam, ernsthaft und kräftig vorgetragen. Die punktirten Noten dürfen nicht abgesetzt werden. Gewöhnlich fangen diese im Dreyviertel- seltener im Sechsvierteltakte gesetzten Tonstücke mit einem Achtel und Viertel [Notenbeispiel] im Auftakte an; doch ist dies nicht immer der Fall. Mattheson nennt die Loure einer Art langsamer Giquen.

§. 50. Ein Marsch muß in so gemäßigter Bewegung gespielt werden, daß auf jeden Takt (im Vierviertel) zwey Schritte kommen; im Allabreve fällt nur Ein Schritt auf jeden Takt. Da der Charakter des eigentlichen Marsches muthig, kühn, ermunternd &c. ist, so muß der Vortrag kräftig seyn. Besonders erfordern die punktirten Noten einen vollen, nachdrücklichen Vortrag. (Die Märsche, welche zu gewissen nicht kriegerischen Aufzügen geschrieben sind, machen hiervon eine Ausnahme.)

Die Menuett, (Minuetto,) ein bekanntes Tanzstück von edlem, reizenden Charakter, im Dreyvierteltakte, (seltener im 3/8,) wird mäßig geschwind gespielt und gefällig, aber ohne Verzierungen, vorgetragen. (In einigen Gegenden spielt man die Menuetten, wenn sie nicht zum Tanzen bestimmt sind, viel zu geschwind.)

Die Musette hat eine etwas langsamere Bewegung, als die Gique; der Charakter ist naiv, sanft und gefällig; der Vortrag muß daher sehr schmeichelnd und geschleift seyn.

§. 51. Die Passacaille (Passacaglio) wird etwas langsamer, oder wie Andere wollen, beynahe ein wenig geschwinder gespielt, als die Chaconne. Der Charakter ist auf jeden Fall zärtlich und etwas ernsthaft; folglich muß der Vortrag dieses im Dreyvierteltakte gesetzten Tonstückes angenehm seyn.

Passepied nennt man ein französisches Tanzstück im Drey- oder Sechsachteltakte, welches mit der Menuett vieles gemein hat. Der Charakter ist ebenfalls <402> edel, aber etwas munterer, als bey der Menuett, daher muß auch die Bewegung ein wenig geschwinder und der Vortrag etwas leichter seyn.

Das Pastorale hat als Tanzstück im Sechsachteltakte, außer der etwas langsamen Bewegung, vieles mit der Musette gemein. Eine zweyte Gattung dieser Tonstücke wird Pastorello genannt, steht gewöhnlich im Viervierteltakte und ist von einem angenehmen ländlichen Charakter. Auch kleine Schäferopern führen den Namen Pastorale.

Die Polonoise, [Fußnote 402] ein polnisches National-Tanzstück im Dreyvierteltakte, von feyerlich gravitätischem Charakter. Die Bewegung der wahren Polonoisen, worin nur wenige Zwey und Dreyßigtheile vorkommen, ist geschwinder, als wir sie gewöhnlich nehmen. Ueberhaupt haben nur wenige Polonoisen, welche von deutschen Komponisten geschrieben und in Deutschland getanzt werden, den Charakter einer ächten Polonoise.

§. 52. Rigaudon heißt ein kleines munteres Tanzstück im Allabreve, welches mit einem Viertel im Auftakte anfängt. Da der Charakter desselben fröhlich ist, so muß die Bewegung geschwind und der Vortrag leicht seyn.

Die Sarabande, ein vorzüglich in Spanien üblicher Tanz im Dreyzweytel- oder Dreyvierteltakte, hat einen ernsthaften mit Ausdruck und Würde verbundenen Charakter, und erfordert daher, außer dem schweren Vortrage, eine ziemlich langsame Bewegung.

Ein Siciliano (alla Siciliana) wird schmeichelnd vorgetragen und in einer sehr gemäßigten Bewegung gespielt. Diese Tonstücke sind größtentheils im Sechsachteltakte gesetzt. Die häufig vorkommenden punktirten Noten dürgen nicht abgestoßen werden.

§. 53. Das Tambourin hat, bey seinem größtentheils nur Eintönigen Basse, einen muntern Charakter, und erfordert daher einen leichten Vortrag. Die Bewegung muß ziemlich geschwind genommen werden.

Vaudeville bezeichnet einen Volksgesang. (Ein gemeines Gassenlied.) Dergleichen Lieder wurden ehedem zu Ende der französischen Komödien gesungen. Gefiel eins, so hörte man es bald auf allen Straßen.

<403> Villanella, ein Bauernlied, dessen Strophen sich alle auf einerley Art endigen.

Die Tänze, welche unter der Benennung Bayerisch, Cosakisch, Deutsch, Masurisch, Schwäbisch, (Walzer, Schleifer,) Steyerisch u.s.w. bekannt sind, werden größtentheils ziemlich geschwind gespielt und leicht vorgetragen. Nur der Hanakische Tanz, welcher im Dreyvierteltakte steht, erfordert eine gemäßigte Bewegung.

zurück | weiter
nach oben