Türk: Klavierschule

Einleitung

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Anleitung zum guten Vortrag [§ 30]

<19> §. 30. Wenn der Scholar einen richtigen und guten Vortrag bekommen soll - und das soll er doch wohl? - so muß ihm der Lehrer das aufgegebene Stück, anfangs zwar simpel, (ohne willkührliche Zusätze,) aber mit Ausdruck vorspielen; nur würde ich das alsdann erst thun, wenn der <20> Schüler schon so ziemlich damit fertig werden kann; denn sonst lernt er es vielleicht nur nach dem Gehör, und beschäftiget blos das Gedächtnis, aber nicht den Verstand - und das soll er niemals. Außerdem trägt das öftere Hören guter Musiken, vorzüglicher Spieler, und besonders gefühlvoller Sänger, ungemein viel zur Bildung des Geschmackes bey. Wer zugleich noch auf einem andern Instrumente z.B. auf der Violine, Flöte etc oder auch im Singen Unterricht haben kann, der wird desto größere Fortschritte im Klavierspielen machen.

In Absicht auf den richtigen Vortrag sind manche Lehrer anfangs zu saumselig; denn sie lassen es gut seyn, wenn ihre Schüler nur einen schicklichen Finger nehmen, im Takte bleiben u.s.w.: sie mögen übrigens noch so holpericht und geschmacklos klimpern. Schon in den ersten Stunden muß man den Lernenden, zwar nicht zu gewissen Feinheiten, aber doch zu einem guten singenden Tone, zum Tragen [FN] desselben, zur Abwechselung des Starken mit dem Schwachen &c. anhalten; denn jetzt wird ihm das Schlechte in gewissen Fällen fast eben so schwer, als das Gute. Man nehme lieber weniger mit seinen Schülern, und gewöhne sie zugleich an den bessern Vortrag; denn es kommt nicht darauf an, wie viel der Lernende Stücke spielt, sondern wie er sie vorträgt. Aber freylich würde man anfangs zu viel verlangen, wenn man ihm sehr langsame oder lange ADAGIO gäbe; denn diese erfordern mehrere Feinheit im Ausdrucke, und einen schon gebildetern Geschmack, als man jetzt von ihm verlangen kann.

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