Türk: Klavierschule

Einleitung

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Einführung der Versetzungszeichen [§ 31-32]

<20> §. 31. Viele Lehrer pflegen eine geraume Zeit hindurch beym Unterrichten nur solche Stücke zu wählen, welche nichts, oder blos ein #, allenfalls ein b vorgezeichnet haben. In den ersten Stunden mag das hingehen, und gewissermaßen nöthig seyn: allein in der Folge lege man ihnen Stücke mit mehreren Kreuzen und Been vor, damit sie bey Zeiten an die sogenannten schweren Töne gewöhnt werden.

Ob es aber im Allgemeinen wirklich viel schwerer ist, aus den Tönen mit etlichen Kreuzen oder Been zu spielen, als aus solchen, die nichts, oder nur wenig vorgezeichnet haben, ist immer noch die Frage. Vielleicht bestehen die Schwierigkeiten im ersten Falle zum Theil mehr in der Einbildung, oder im Ungewohnten, [FN] als in <21> der Sache selbst, Um sich hiervon zu überzeugen mache man z.B. in D, B oder A dur einen Läufer durch mehrere Oktaven in die Höhe, und alsdann in C dur. Ganz gewiß ist das Erstere viel leichter, als das Letztere; denn daß sich der Daumen nach einer Obertaste weit bequemer untersetzen läßt, als nach einer untenliegenden, wird wohl ein Jeder zugestehen. Überdies hat man in den Tönen mit etlichen Kreuzen oder Been nicht erst nöthig zu überlegen, welchen Finger man nehmen will, da sie größtentheils schon bestimmt sind: allein in C dur, worin die Fingersetzung bey vielen Stellen sehr verschieden seyn kann, wählt man in Rücksicht der Folge oft nicht den schicklichsten Finger. Indeß räume ich gern ein, daß Stücke aus Tönen mit vielen Kreuzen ode Been schwerer seyn können, als andere; denn wenn viele Obertasten, und besonders in springenden Passagen, unmittelbar nach einander vorkommen, so kann es allerdings mit Schwierigkeiten verbunden seyn; zumal wenn der Komponist durch unspielbare Stellen die Fingersetzung geflissentlich oder aus Nachlässigkeit erschwert hat. Aber solche Stücke sollte man auch zum Unterrichten nicht wählen.

§. 32. Damit der Anfänger die Tasten eher finden lerne, und nicht immer von den Noten wegzusehen nöthig habe, kann man ihn einige Stücke aber nur Einige, auswendig lernen und im Finstern spielen lassen. Daß er aber anfangs nie von den Noten wegsehen und die Klaves [Tasten] suchen solle, erwarte man nur nicht - so schädlich auch dies Wegsehen des Zusammenhanges wegen ist -; denn selbst der geübteste Klavierspieler thut dann und wann einen Blick auf die Finger. Indeß ist es allerdings des Lehrers Pflicht, den Anfänger, womöglich, davon abzuhalten. Bey stufenweise folgenden Tönen darf man ihm das Wegsehen von den Noten nur etwa in den ersten Stunden und dann nicht mehr erlauben: allein bey Sprüngen möchte dieses Hülfsmittel sogleich nicht zu entbehren seyn; nur muß man die erwähnte Nachsicht nicht zu lange gebrauchen.

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