Koch: Musikalisches Lexikon

Aesthetik.

<90> Mit diesem aus dem Griechischen hergeleiteten Worte wird überhaupt die Kenntniß und Darstellung des sinnlich Schönen bezeichnet. Nach Sulzers Erklärung [FN: Allg. Theorie der schönen Künste] ist sie die Philosophie der schönen Künste, oder die Wissenschaft, welche sowohl die allgemeine Theorie, als auch die Regeln der schönen Künste aus der Natur des Geschmacks herleitet. - In einen andern Gesichtspunkt wird dieser Gegenstand durch Kants Kritik der ästhetischen Urtheilskraft gerückt.

"Nach den Begriffen, welche Kant von dem Schönen und dem Geschmack giebt," (sagt Heydenreich) [FN: Kurzgefaßtes Handwörterbuch über die schönen Künste, S. 20] "können Geschmacksurtheile durch Beweisgründe gar nicht bestimmbar seyn, vielmehr hängt der Bestimmungsgrund eines jeden von der Reflexion des Subjekts über seinen eignen Zustand, der Lust oder Unlust ab, mit Ausschlagung aller Vorschriften und Regeln. Keine Philosophie kann also nach diesem Weltweisen Prinzipien des Geschmacks in dem Sinne aufstellen, daß darunter Grundsätze gemeint seyen, unter die man den Begriff eines Gegenstandes ordnen könne, um schlußmäßig herauszubringen, daß <91> es schön sey. Allein allerdings sollen die Aesthetiker nach ihm über die Erkenntnißvermögen und ihr Geschäfte in den Geschmacksurtheilen Nachforschung thun, und die wechselseitige subjektive Zweckmäßigkeit, deren Form in einer gegebenen Vorstellung die Schönheit des Gegenstandes derselben ist, in Beispielen auseinander setzen."

"Es giebt also nach Kant eine Kritik des Geschmacks, als die Kunst oder Wissenschaft des wechselseitigen Verhältnisses des Verstandes und der Einbildungskraft zu einander in der gegebenen Vorstellung, mithin die Einhelligkeit oder Mißhelligkeit derselben unter Regeln zu bringen, und sie in Ansehung ihrer Bedingungen zu bestimmen. Die Kritik des Geschmacks ist Wissenschaft, wenn sie die Möglichkeit einer solchen Beurtheilung von der Natur jener Vermögen als Erkenntnißvermögen ableitet, das subjektive Prinzip entwickelt, welches unsre Urtheilskraft bey Urtheilen über das Schöne befolgt, und es als ein ihr ursprünglich eigenes rechtfertigt. Als Kunst sucht die Kritik des Geschmacks blos die psychologischen empirischen Regeln, nach denen der Geschmack wirklich verfährt, auf die Beurtheilung seiner Gegenstände anzuwenden, und kritisirt die Produkte der Kunst, so wie sie, als Wissenschaft, das Vermögen des Geschmacks selbst kritisirt. Die Kritik des Geschmacks, als Kunst, setzt eine ausgebreitete Kenntniß der Psychologie, und ein tiefes Studium der Natur der Künste und ihrer klassischen Werke voraus."

Ueber diesen vielumfassenden und besonders für den Tonsetzer äusserst wichtigen Gegenstand handeln Eberhards Theorie der schönen Wissenschaften, Halle 1789; Heydenreichs System der Aesthetik, Leipz. 1790; Sulzer, in seiner allgem. Theorie der schönen Künste; das kurzgefaßte Handwörterbuch über die schönen Künste, Leipz. 1794 u. and. mehr.

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