Koch: Musikalisches Lexikon

Arioso

<163> heißt überhaupt sangbar; man verstehet aber darunter insbesondere einen Satz von langsamer Bewegung, dessen Melodie so sangbar <164> und ausdrucksvoll ist, daß sie weiter keiner Verzierungen durch Setz- oder Spielmanieren bedarf.

Das Arioso macht besonders einen wichtigen Theil des Recitatives und Akkompagnements aus. Wenn sich der Inhalt des Recitatives zum Lyrischen erhebt, so daß es in einem kurzen Satze die Empfindung der Zärtlichkeit, der Wehmuth, der feyerlichen Andacht, u.dergl. darstellet; so verwechselt dabey der Tonsetzer den gewöhnlichen Recitativstyl mit dem förmlichen Gesange, und läßt solche Stellen entweder von der Singstimme, die von dem Basse unterstützt wird, allein, oder auch in Begleitung mehrerer Instrumente vortragen, und ein solcher Satz wird im engern Sinne des Wortes ein Arioso genannt. Ein solches Arioso muß alle Eigenschaften des ausdrucksvollen Gesanges in einem hohen Grade besitzen, weil die Darstellung einer solchen Empfindung dabey nicht so anhaltend, und daher nicht so vieler Modifikationen fähig ist, wie in der Arie, und weil sich gleichsam der ganze Umfang der Empfindung in einem solchen Satze concentrirt darstellen muß. Daher enthält es eben so wenig viele melismatische Dehnungen, als viele Wiederholungen der Worte, sondern es stellt den ganzen Inhalt und Ausdruck einer Arie im Kleinen vor. Ein solches Arioso thut, zumal bey lang anhaltenden Recitativen, oft mehr Wirkung, als eine ausgeführte Arie.

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