Koch: Musikalisches Lexikon

Capriccio,

<305> Caprice. Ein Tonstück, bey welchem sich der Componist nicht an die bey den gewöhnlichen Tonstücken eingeführten Formen und Tonausweichungen bindet, sondern sich mehr der so eben in seiner Fantasie herrschenden Laune, als einem überdachten Plane überläßt. Das Capriccio <306> hat daher nicht immer den Ausdruck einer einzigen schon bestimmten Empfindung zum Gegenstande.

Hieraus muß man aber nicht folgern wollen, daß ein solches Tonstück aus allenthalben zusammengerafften Gliedern bestehen könne, und weder an Zusammenhang noch Ordnung gebunden sey. Es unterscheidet sich nur von den gewöhnlichern Tonstücken durch seine freyere Form, durch weniger durchgehaltenen Charakter, und durch ein lockereres Aneinanderreihen der Gedanken.

Man giebt den Namen Capriccio auch solchen Tonstücken, die bloß die Privatübung gewisser Notenfiguren oder Passagen auf diesem oder jenen Instrumente zur Absicht haben. Weil in einem solchen Tonstücke die dazu gewählte Notenfigur oder Passage nothwendig in sehr viele Arten von Wendungen gebracht werden muß, wenn das Ganze zusammenhängend seyn soll, so verschafft die Uebung desselben besonders dem angehenden Tonkünstler den Vortheil, daß er die gewählte Notenfigur mit den mehresten ihrer Modifikationen auf einmal mit Fertigkeit und Rundheit vortragen lernt.

Ehedem bezeichnete Capriccio auch eine für die Claviaturinstrumente bestimmte fugenartige Composition über einen lebhaften Hauptsatz, der nicht streng nach den Regeln der Fuge und des Wiederschlages ausgeführt wurde.

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