Marpurg: Anleitung zum Clavierspielen

Kap. 1.9.2.7

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Siebtens. Vom Mordenten.

<58> § 1. Diese Manier, die man auf deutsch einen Kräusel nennen könnte, besteht in der geschwindesten Umwechselung einer Hauptnote mit einer Nebennote aus der nächsten Stuffe darunter, und ist also das Gegentheil von einem Triller mit dem blossen Unterscheid, daß (a) wenn man den Triller von der Nebennote anhebet, allhier der Wechselschlag sogleich von der Hauptnote anfängt, und daß (2) ordentlicher Weise der Mordent nicht so viele Wechselschläge, als der Triller, gebrauchet. Die Art wie man einen Mordenten, einen kürzern und längern macht, findet man nebst seinen Abzeichen bey Fig. 11. Tab. V. Doch sind die Zeichen bey (b) und (c) nicht so gut und gebräuchlich als das bey (a). Er mag aber lang oder kurz seyn, so ist es mit seinem Zeichen, als wie mit dem Triller, beschaffen, indem es allezeit einerley bleibt, indem der Wehrt des Mordenten von dem Wehrte der Note abhänget. (d)

NB: Tab. V. Fig. 11

§ 2. Der Mordent wird öfters abgeschnappt, und auf die Art gemacht, wie bey Fig. 12. Tab. V. Man schlägt nemlich die Neben- und Hauptnote zu gleicher Zeit an, und hebet hernach den Finger von der Nebennote wieder auf, um die Hauptnote deutlich und allein hören zu lassen. <59> Zur Verstärkung eines Griffs thut derselbe gute Wirkung, wenn man aus dem piano ins forte geht. Auf der Orgel kann man ihn am nützlichsten gebrauchen.

NB: Tab. V. Fig. 12

§ 3. Es führet Herr Bach in seinem Versuche &c. eine gewisse Manier unter dem Titel eines langsamen Mordenten auf, die man in langsamen Stücken zum Anfange, vor Fermaten oder Pausen von Sängern öfters höret, und giebt von dieser Manier die willkührlich ist, und nicht angezeiget wird, die bey Fig. 13. und 14. Tab. V. befindlichen Exempel. Wir wollen noch ein Exempel, wo diese Manier ausdrücklich also von dem Componisten schon vorgeschrieben worden, hinzu fügen. Tab. V. Fig. 15.

NB: Tab. V. Fig. 13-15

§ 4. Dem Zeichen des Mordenten muß ebenfalls, so wie dem Zeichen des Trillers und Doppelschlages, ein Versetzungszeichen zugefüget werden, wenn die Note, womit er gemachet werden soll, nicht in dem Verhalt, den sie haben soll, in dem Notenplan vorhanden ist.

§ 5. Vor dem Mordenten geht öfters ein Vorschlag her, wie man Tab. VI. Fig. 15. 16. sehen kann. Einige zeigen solches durch zwey Häckgen vor und hinter der Note an, Tab. VI. Fig. 17. Doch ist die erste Schreibart besser.

NB: Tab. VI. Fig. 15-17

§ 6. Statt des Mordenten bedienet man sich öfters eines geschwinden Vorschlages, ingleichen eines Doppelschlages, it. eines Doppelvorschlages, it. eines kurzen Doppeltrillers.

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