Sulzer: Theorie der Schönen Künste

Pastoral.

(Musik; Tanz.)

<660re> Ein kleines zum Tanzen gemachtes Tonstük, das mit der Musette, die wir beschrieben haben [Musette] übereinkommt. Es ist von zwey Zeiten, aber die Bewegung ist gemäßigter, als in jenem. Die Italiäner machen Pastorale von 6/8 Takt, die völlig mit der Musette übereinkommen.

Man giebt diesen Namen auch andern Tonstüken, die den muntern, aber angenehmen ländlichen Charakter der Hirtengesänge haben, folglich Anmuthigkeit und Einfalt vereinigen.

Pastorale werden auch kleine Schäferopern genennt. Ihr Inhalt ist eine galante und angenehme , mit Festlichkeit verbundene Handlung aus der eingebildeten Schäferwelt, allenfalls aus der fabelhaften goldenen Zeit. Der Dichter muß dabey in dem Charakter des Hirtengedichts bleiben, den wir anderswo entworfen haben [Hirtengedicht]. Der Tonsetzer aber muß sich einer großen Einfalt, und eines naiven unschuldigen Ausdruks befleißigen. Sie kommen doch nicht sehr oft vor, und es ist vielleicht auch leichter, einen Tonsetzer zu finden, der mit Muth an die Verfertigung einer großen Oper geht, als einen, der sich in dem Pastoral mit Vortheil zu zeigen hoffet. Es wäre aber zu wünschen, daß sie mehr im Gebrauch wären, damit die edle Einfalt der Musik nicht nach und nach ganz von der lyrischen Schaubühne verdrängt werde.

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