Mattheson: Der vollkommene Capellmeister

Teil 3, Kap. 25 [Seite 3 von 3]

zurück | weiter

<479> §. 67. Betreffend endlich die bekanntesten und grössesten Meister auf der Orgel, so kan man überhaupt wol sagen, daß Teutschland die berühmtesten Organisten hervor bringe. Frescobaldi und Pasquini Ruhm ist ehmahls von Rom aus über die Alpen gestiegen; von andern Welschen hat man in diesem Stücke noch keine Wunder vernommen. Es ist was Sonderliches; da doch sonst Italien iederzeit eine hohe Schule der Musik gewesen ist, und noch seyn will. Man siehets aber bey der Einrichtung ihrer Orgelwercke, daß bey ihnen nicht so viel darauf gehalten wird, als bey den Teutschen.

§. 68. Von der eintzigen Tridentinischen Orgel wird groß Wesen gemacht. Es soll aber der Organist daselbst erstaunet seyn, wie er den Signor Sassone (so nannten die Italiäner den Händel) bey der Durchreise darauf spielen gehöret. Flandern, Holland und Braband hergegen haben der Welt manchen wackern Organisten geschenckt, und sind vormahls gleichsam die Pflantzgärten derselben gewesen: wie denn obbesagter Frescobaldi sich viele Jahre in Flandern aufgehalten hat. Ob es noch so sey, kan ich, ohne genauere Erkundigung, nicht sagen.

§. 69. Insbesondre gehet wol Händeln so leicht keiner im Orgelspielen über; es müste Bach in Leipzig seyn: Darum auch diese beyde, ausser der Alphabetischen Ordnung, oben an stehen sollen. Ich habe sie in ihrer Stärcke gehöret, und mit dem ersten manchesmahl sowol in Hamburg, als Lübeck, certiret. Er hatte in England einen Schüler, Nahmens Babel, von dem man sagte, daß er seinen Meister überträffe.

§. 70. Nächst diesen sind berühmt: Böhme in Lüneburg; Callenberg in Riga; Clerambault in Paris; Green in London; Hoffmann in Breslau; Kuntze in Lübeck; Lübeck in Hamburg; Lüders in Flensburg; Rameau ehmals in Clermont; Raupach in Stralsund; Rosenbusch in Itzehoe; Pezold in Dresden; Stapel in Rostock; Vogler und Walther in Weymar &. &. &. Es wird hiemit bey Leibe keiner, dessen Nahm nicht hergesetzet ist, ausgeschlossen; noch auch denen, die hier benennet worden, darum kein Vorzug eingeräumet, vor andern, deren Kräffte mir entweder unbekannt sind, oder die mir nicht sogleich haben beifallen wollen.

§. 71. Damit wir aber doch auch vom Vergleich der Orgel mit andern Instrumenten etwas zum Beschluß dieses Hauptstücks erwehnen, so fällt mir nur dieses ein, daß es wol eine vergebne Mühe seyn mögte. Warum? weil mit der Orgel kein eintziges Instrument in Vergleich kommen kan. Von andern klingenden Werckzeugen könte inzwischen mancherley Unterschied bemercket werden, sowol was deren Ausübung, als Vorzug betrifft. z. E. die Blase=Instrumente haben durchgehends keinen so grossen Gebrauch, und können mit Recht nicht so beliebt seyn, als die besaiteten; absonderlich unter Leuten, die kein Handwerck von der Ton=Kunst machen. Die Flöten, absonderlich die Traversen, haben sonst viele Liebhaber.

§. 72. Unter den besaiteten haben wiederum einige vor andern etwas voraus, als die Violdigamb und Laute in der Kammer, ihrer Anständigkeit halber; die Violinen allenthalben, wegen ihrer durchdringenden Stärcke, und was dergleichen Anmerckungen etwa mehr seyn mögten, die wir unserm billigen Vorsatze zu folge, denjenigen hauptsächlich zur Untersuchung ihrer Stärcke, ihres Sprengels, ihrer Spielart und ihres Nutzens überlassen, die sothanen Instrumenten obliegen.

zurück | weiter
nach oben