L. Mozart, Violinschule Startseite

Mozart, L.: Violinschule

Das zehente Hauptstück.

Von dem Triller. [§. 1-31]

<220> [...]

<222> §. 5. Der Anfang und das Ende eines Trillers kann auf unterschiedliche Art gemacht werden. Man kann ihn gleich von oben herab zu schlagen anfangen. Z.E.

Man kann ihn aber auch durch einen absteigenden Vorschlag, den man etwas länger aushält, oder durch einen aufsteigenden Vorschlag mit einem Ueberwurfe, oder durch eine solche zurückschlagende Bewegung vorbereiten, die man Ribattuta nennet, und welche man bey dem Schlusse einerCadenz anzubringen pfleget, wo man sich an das Zeitmaaß nimmer binden darf.

<223> §. 6. Eben so kann man den Triller entweder plattweg, oder mit einer Auszierung schliessen. Z.E.

Mit einem schnellen Vorschlage und Nachschlage spielt man alle kurzen Triller. Z.E.

nach oben

§. 7. Der Triller läßt sich der Geschwindigkeit nach in vier Gattungen theilen: nämlich in den langsamen, mittelmäßigen, geschwinden und anwachsenden. Der langsame wird in traurigen und langsamen Stücken gebraucht; der mittelmäßige in Stücken, die zwar ein lustiges, doch anbey ein gemässigtes und artiges Tempo haben; der geschwinde in Stücken die recht lebhaft, voller Geist und Bewegung sind; und endlich braucht man den anwachsenden Triller meistentheils bey den Cadenzen. Diesen letztern pflegt man auch mit piano und forte auszuschmücken; denn er wird am schönsten auf die hier beygefügte Art vorgetragen. <224>

§. 8. Der Triller muß überhaupts nicht zu geschwind geschlagen werden, sonst wuird er unverständlich, meckernd, oder ein sogenannter Geißtriller. Ferner darf man auf den feinern und hochgestimmten Seyten einen geschwindern Triller schlagen, als auf den dicken und tief gestimmten Seyten: weil die letztern sich langsam, die ersten aber sich sehr geschwind bewegen. Und endlich muß man auch, wenn man ein Solo spielet, den Ort beobachten, wo man seine Stücke aufzuführen gedenket. An einem kleinen Orte, welches etwa noch dazu austapeziert ist, oder wo die Zuhörer gar zu nahe sind, wird ein geschwinder Triller von besserer Wirkung seyn. Spielet man hingegen in einem grossen Sal, wo es sehr klinget, oder sind etwa die Zuhörer ziemlich entfernet; so wird man besser einen langsamen Triller machen.

§. 9. Man muß sich vor allem üben einen langen Triller mit Zurückhaltung des Striches zu machen. Denn manchmal muß man eine lange Note aushalten die mit einem Triller bezeichnet ist: und es würde eben so ungereimt lassen dabey abzusetzen, und den [Geigen-]Bogen zu ändern; als wenn ein Sänger mitten in einer langen Note Athem holen wollte. [Fußnote ...] Es ist auch nichts abgeschmackters, als wenn bey einer Cadenze, wo man an das Zeitmaaß nicht gebunden ist, der Triller so schnell und unerwartet abgebrochen wird, daß die Ohren der Zuhörer <225> mehr beleidiget als belustiget werden. Es wird in solchem Falle dem Gehör etwas entrissen; und man bleibt eben deswegen unvergnügt, weil man noch eine längere Aushaltung erwartet hat: gleichwie es den Zuhörern gewiß ungemein hart fällt, wenn sie den Mangel des Athems an einem Sänger bemerken. Doch ist auch nichts lächerlicheres, als ein über die Maase langer Triller. Man gehe demnach den mittlern Weg, und mache einen solchen Triller, welcher dem guten Geschmacke am nächsten kömmt.

[...]

nach oben