Fragen zum Klavierspielen

Unterricht und Klavierspielen (inhaltliche Aspekte)

Wie oft sollte ich Unterricht nehmen?

Ich empfehle, vor allem in der Anfangszeit einmal in der Woche Unterricht zu nehmen, auch wenn Sie unter der Woche wenig Zeit am Instrument verbracht haben und glauben, Sie seien nicht genügend vorbereitet. Die Gründe: Zum einen lassen sich Fehler leichter korrigieren, wenn sie sich noch nicht eingeschliffen haben. Wer in die falsche Richtung läuft, muss notgedrungen erst einmal umkehren, bevor er die richtige Richtung einschlagen kann. Zum anderen muss in der Regel auch das richtige „Üben“ trainiert werden. Und das geschieht am besten unter Anleitung.

Ich habe das Gefühl, dass ich zur Klavierstunde nicht genügend vorbereitet bin.

Machen Sie sich immer aufs Neue klar, dass Sie nicht für den Unterricht oder für Ihren Klavierlehrer „üben“, sondern dass Sie zu ihrer eigenen Freude Klavier spielen. Es gibt immer wieder Zeiten, in denen man beruflich, schulisch oder privat besonders gefordert ist, so dass alle anderen Aktivitäten zurückstehen müssen. Gönnen Sie sich dann die Klavierstunde als „Auszeit“, in der Sie zwar gefordert sind, aber in der Sie den Alltag auch hinter sich lassen können.

Ich kann noch keine Noten lesen. Muss ich Noten lernen?

Die Angst, dass das Musizieren am Notenlesen scheitert, ist meiner Erfahrung nach unbegründet. Die Notenschrift ist ein Zeichensystem, das einfachen Regeln gehorcht. Ich werde Sie im Unterricht mit den Grundlagen des Notenlesens vertraut machen und habe zudem ein Skript (Link) erstellt, das sich für einen ersten Einstieg oder als Erinnerungsstütze eignet. Wir werden mit einfachen „Leseübungen“ beginnen, und Sie werden recht bald in der Lage sein, sich selbständig in dem vermeintlichen Gewirr aus Linien und Zwischenräumen zurechtzufinden. Anders als beim Lesen eines Textes, bei dem es darauf ankommt, den Sinn zu verstehen, müssen Sie beim Klavierspiel nach Noten allerdings die Informationen, die Sie dort lesen, zusätzlich in eine Bewegung (des Fingers, der Hand, des Armes) umsetzen. Je mehr Zeit Sie sich nehmen, je gelassener Sie die Sache angehen, desto souveräner werden Sie! Was bei allen Überlegungen zum Notenlesen allzuleicht in Vergessenheit gerät: Musik ist die Kunst des Hörens. Mindestens genauso wichtig (wenn nicht sogar wichtiger) ist es, dass Sie Ihr Gehör trainieren, so dass Sie in der Lage sind, Melodien, die Sie „im Ohr haben“ oder die Ihnen spontan einfallen, auf dem Klavier wiederzugeben. Auch das wird Thema des Klavierunterrichts sein.

Bin ich zu alt, um noch Klavierspielen zu lernen?

Nein! Egal, wie alt Sie sind – Klavierspielen ist eine Entdeckungsreise, gleichsam ein Abenteuerurlaub ohne Gefahr für Leib und Leben. Sie sollten sich allerdings keine übertriebenen Ziele setzen. Wer als Erwachsener mit dem Klavierspielen anfängt, für den wird die hochvirtuose Klavierliteratur (z.B. Liszt-Etüden, Skrjabin-Sonaten oder Rachmaninov) in aller Regel unerreichbar bleiben. Aber die Klavierliteratur ist auch ohne diese Werke so vielfältig, dass ein Menschenleben nicht ausreicht, sie zu durchmessen.

Wieviel Zeit muss ich täglich/wöchentlich einplanen, damit ich Fortschritte bemerke?

Ein altes Sprichwort sagt: „Übung macht den Meister“, und ein anderes lautet: „Steter Tropfen höhlt den Stein“. Sie sollten Ihrem Instrument möglichst täglich „guten Tag“ sagen und sich mit ihm beschäftigen. Lieber täglich 15 Minuten als einmal die Woche anderthalb Stunden. Je umfangreicher Ihr Programm, je länger und schwieriger die Stücke, desto mehr Zeit sollten Sie aufbringen – und desto mehr Freude wird es machen. Aber auch dann haben Sie keine Garantie, dass es jeden Tag besser klappt. Sie werden an manchen Tagen Fortschritte bemerken, und an anderen Tagen haben Sie dann das Gefühl, als ob Sie das erste Mal am Instrument säßen. Das sollte Sie nicht irritieren; das ist normal. Das menschliche Gehirn arbeitet nicht nach linearen Zuwachsraten (jeden Tag 5% besser). Es gibt Phasen, in denen Sie spürbar Fortschritte machen, aber diese Fortschritte müssen sich erst einmal festigen (was wiederum Zeit braucht), und dann kann man die nächste Herausforderung in Angriff nehmen.

Mein Kind möchte Klavierspielen lernen. Wann sollte man mit dem Unterricht beginnen?

So wie es nie zu spät ist, mit dem Klavierspielen zu beginnen, so kann man auch nicht früh genug mit dem Musizieren anfangen. Fast jedes Kind hat von sich aus das Bedürfnis, zu singen oder mit allen möglichen Gegenständen Klänge zu erzeugen. Es gibt zahlreiche Angebote der musikalischen Früherziehung. Ein guter Zeitpunkt, mit dem eigentlichen Klavierunterricht zu beginnen, ist die Endphase der Kindergartenzeit. Vielen Kindern wird der Kindergarten zu langweilig und sie sind begierig nach neuen Herausforderungen. Andererseits kann es auch sinnvoll sein, mit dem Klavierunterricht erst dann zu beginnen, wenn die ersten Hürden der Einschulung und des regelmäßigen Schulbetriebs überwunden sind. In jedem Falle sollten wir Erwachsenen uns immer wieder klar machen, dass das Gehirn nie mehr so aufnahmefähig ist wie in den ersten Lebensjahren und dass in dieser Zeit auch die grundlegenden motorischen Fertigkeiten angelegt werden.

Was kann ich tun, um mein Kind beim Klavierlernen zu unterstützen?

Der Idealfall ist es, wenn Eltern selbst mit Freude Musik machen. Dann erleben Kinder, dass Musik und das regelmäßige Üben ganz selbstverständlich zum Alltag gehören. Leider sind diese Voraussetzungen nicht immer gegeben. Aber auch dann können Sie Ihr Kind beim Musizieren unterstützen, indem Sie ihm verständnisvoll zuhören und es auch loben (wenn es angebracht ist). In jedem Falle: Sprechen Sie nie verächtlich über das Klavierspiel Ihres Kindes, etwa „Hör auf zu klimpern!“ Besuchen Sie mit Ihrem Kind Konzerte und Opern (und sei es nur eine Halbzeit). Die städtischen Orchester in Köln und Bonn spielen immer wieder Programme, die speziell auf Kinder zugeschnitten sind. Ihr Kind wird sicherlich mit Begeisterung anfangen, Klavier zu spielen, und sich über seine ersten Erfolge freuen. Aber es werden mit ziemlicher Sicherheit auch Zeiten kommen, da werden Schwierigkeiten zu überwinden sein, da heißt es, gegen Trägheit und Unlust anzukämpfen. Kinder neigen (wie wir Erwachsene auch) in solchen Fällen gerne dazu, die Flinte ins Korn zu werfen. Sie helfen Ihrem Kind nicht, wenn Sie ihm sagen: „Wenn Du nicht willst, brauchst Du nicht.“ Erklären Sie Ihrem Kind, dass Sie solche Gefühle ebenfalls kennen und dass es sich lohnt, den inneren Schweinehund zu überwinden. Wenn Eltern und Lehrer gemeinsam dabei helfen, sollte es gelingen.

Welche Musikrichtungen unterrichten Sie?

Ich bin Pianist mit „klassischer“ Ausbildung, d.h. ich fühle mich in der Musik zwischen Bach und dem frühen 20. Jahrhundert zuhause. Selbstverständlich mache ich meine Schüler aber auch mit allen anderen Musikrichtungen vertraut. Die zeitgenössische Avantgarde gehört ebenso dazu wie die Unterhaltungsmusik und die vielfältigen Spielarten des Jazz. Die einzige Unterscheidung, die ich gelten lasse, ist die zwischen handwerklich gut und schlecht gearbeiteter Musik.

Welches Unterrichtskonzept verfolgen Sie?

Das hängt davon ab … In jedem Falle arbeite ich mit Ihnen bereits zu Beginn am „schönen Klang“, am musikalischen Verständnis und am Gestaltungswillen. – Der Anfangsunterricht ist klar strukturiert: Zunächst lernen wir, uns auf der Tastatur zurechtzufinden. Wir spielen nach Gehör und trainieren grundlegende Bewegungsabläufe. Schritt für Schritt machen wir uns mit dem Notenlesen vertraut. Wir arbeiten in wechselnden Fünftonräumen und erweitern allmählich den Tonumfang. Dabei werden beide Hände gleichermaßen gefordert, was später dem mehrstimmigen (polyphonen) Spiel zugute kommt. Anhand der Stücke erarbeiten wir Strategien, wie man möglichst effizient (also mit wenig Aufwand) zum Ziel gelangt. Mit zunehmender Spielsicherheit werden die Stücke länger und komplexer. Wir experimentieren mit unterschiedlichen Anschlagsarten und erweitern so unsere Gestaltungsmöglichkeiten. Im Rahmen des Machbaren berücksichtige ich dabei gerne die musikalischen Wünsche meiner Schüler. Auch wenn manche Schüler liebend gerne einen Bogen darum machen würden: Ich halte es für unerlässlich, sich zumindest grundlegende Kenntnisse von Harmonie- und Formenlehre anzueignen. Je besser Sie die Bauprinzipien eines Musikstückes verstehen, desto leichter fällt die manuelle Aneignung und später das Auswendiglernen. Im weiteren Verlauf des Unterrichts treten verstärkt auch technisch-virtuose Aspekte in Vordergrund. Wie gestalte und trainiere ich Bewegungsabläufe im Tempo? Wie erlange ich Sicherheit bei Sprüngen? Hinzu kommen interpretatorische Fragen: Was ist gestalterisch statthaft, und wo fängt die Übertreibung an? Neben dem bloßen Spiel auf den Tasten beschäftigen uns zunehmend auch ästhetische Überlegungen und Fragen der Aufführungspraxis.

Welche Unterrichtsliteratur benutzen Sie?

Wenn Sie mit dem Klavierspielen beginnen, arbeite ich gerne mit mehreren „Klavierschulen“ parallel, denn jede Klavierschule hat ihre eigenen Stärken und (leider auch) ihre Schwächen, und jede bewegt sich in einer eigenen Klangwelt. Die meisten dieser Klavierschulen sind allerdings keine Lehrwerke im eigentlichen Sinne: häufig fehlen erklärende Erläuterungen und Hinweise, oder sie sind unvollständig und zu knapp gehalten. Deswegen eignen sie sich auch nur bedingt für das Eigenstudium. Brauchbar sind die Schulen indes als Sammlungen von Musikstücken für den Anfangsunterricht. Folgende Klavierschulen und Sammlungen haben sich in meinem Unterricht bewährt. (Die Aufzählung erhebt allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)
  • Fritz Emonts: Erstes Klavierspiel, Heft 1 (für Erwachsene) /
    Europäische Klavierschule (für Kinder)
  • Russische Klavierschule, Bd. 1
  • J.S. Bach: Notenbuch für Anna Magdalena
  • Robert Schumann: Album für die Jugend
  • Bela Bartok: Erste Zeit am Klavier / Für Kinder (Sammlung ungarischer und slowakischer Volkslieder.
  • M. Cornick, W. Gillock, G.F. Humbert, D. Kabalewski, D. G. Türk
Ich arbeite sowohl im Anfangsunterricht wie auch im späteren Verlauf vorwiegend mit Musik, die ausdrücklich für das Klavier geschrieben wurde. Wenn irgend möglich, benutze ich sogenannte Urtext-Ausgaben, in denen der originale Notentext des Komponisten (ohne Zusätze und „Verbesserungen“ eines Herausgebers) wiedergegeben wird.

Muss ich Fingerübungen machen, Tonleitern, Dreiklänge, Arpeggien und Etüden üben?

Zunächst einmal muss man unterscheiden zwischen Fingerübungen und Etüden: Etüden sind ernstzunehmende Musikstücke, in denen die Bewältigung von technischen Schwierigkeiten im Vordergrund steht. Etüden haben dementsprechend einen „sportiven“ Charakter und sind durchaus auch konzerttauglich (man denke nur an die Etüden von Chopin, Liszt, Skrjabin oder Rachmaninov). Fingerübungen (ich nenne sie lieber Bewegungsstudien) dienen dazu, ein Bewusstsein und Gefühl für bestimmte Bewegungsabläufe zu entwickeln und diese Bewegungsabläufe zu automatisieren. Solche Übungen klingen nicht immer schön, aber sie haben den Vorteil, dass man ohne Noten arbeitet und die ganze Konzentration auf den Bewegungsablauf richten kann. Tonleitern und Dreiklänge (als Akkorde und aufgefächert als Arpeggien) sind Grundbausteine der Klaviermusik. Sie kommen als Versatzstücke in der ein oder anderen Form immer wieder vor, und wer sie beherrscht, spart auf Dauer viel Übezeit.